Sothiac, das Sopran-, Bass-, Elektronik- und Gong-Duo aus dem lombardischen Imrov-Underground, serviert seinem Publikum keine leichte Kost, aber man kann ihnen zugute halten, dass sie die Hörer mit der gebotenen Zaghaftigkeit in ihren eigenwilligen Musikkosmos locken. Das erdige, warme Dröhnen, das „ON“, den langen Opener des aktuellen Albums „Erebia Christi“ eröffnet, ist von metallenem Rasseln und leisen Gong-Schlägen durchsetzt, doch alles wirkt zunächst stimmig und wahrt Harmonie. Erst mit der Zeit, mit Ansteigen der Dichte und Lautstärke, wird langsam klar, dass man es mit keiner leichten Dronekost zu tun hat. Bohrende Hochtöner, mysteriöses Rumpeln und ein noch mysteriöseres Säuseln und Zwitschern aus unbekannten Klangquellen sprechen eine andere Sprache. So könnte es endlos vor sich hin rumoren, aber erst beim knarrenden Basseinsatz hat man das Gefühl, dass der Song richtig “ON” ist.
Stücke von Sothiac steigern sich meist langsam bis zu einem Plateau – ab dann wird es laut, knarrig, und die Musik quillt geradezu über vor Dramatik und emotionaler Wucht. Zentrale Komponente all dessen ist Sängerin Pat Moonchys klassisch ausgebildeter Sopran, dessen für traditionelle Hörer amusikalisches Trällern in seiner erschütternden Eindringlichkeit bisweilen an Diamanda Galás erinnert. Im ersten Stück verbindet sich ihr Gesang, der über weite Strecken einen einzigen tremolierenden Laut bildet, mit dem Knarren der Bässe zu einer dicken melierten Schicht, die unaufhaltsam über einen kommt.
Dass die Musik der beiden nicht erschöpfend wirkt, sondern eher Energie versprüht, dankt sich u.a. den vielen zurückgenommenen Passagen, in denen Fülle und Volumen vorübergehend reduziert werden und Pats Stimmarbeit nah an klassischen Gesang kommt. Der Titeltrack, der mit den selben Mitteln eine komplett andere, fast badalamenti-artige Stimmung erzeugt, lebt von der Balance aus Spannung und Entspannung und der recht spontan wirkenden Überblendung aus Quietschen und Rumoren und einem relaxten Saitengeschrammel, das sich mit der Zeit zu recht aufgeräumten Rock steigert. Andere Stücke wie „Peret“ oder „Sehmu“ bieten wieder Höhepunkte an Exaltiertheit, bei denen die Sängerin für Minuten den ganzen Raum mit ihrer Stimme ausfüllt.
War das letztjährige „Sothis“ das Album, um Sothiac kennen zu lernen, so ist „Erebia Christi“ das vielleicht intensivste Erzeugnis der Band, bei dem alle Elemente – musikalische Details, Genreeinflüsse u.s.w. – ständig ineinanderfließen und in unerwarteten Momenten wieder auseinanderdriften. Das Original ist mittlerweile nur noch über Bandcamp zu bekommen, dazu gibt es aber mittlerweile auch eine Remix-Version für die Zeit, nachdem man sich in dem Album etwas besser zurechtfindet.