MARJAN FARSAD: Blue Flowers

Marjan Farsad ist eine interessante Grenzgängerin und verbindet in ihren stimmungsvollen Folksongs Einflüsse aus unterschiedlichen Traditionen auf eine Art, dass man meinen könnte, die einzelnen Komponenten hätten nie ohne einander existiert.

Der deutlichste rote Faden, der sich durch das Debüt der in New York lebenden Sängerin zieht, ist der klare, doch nie allzu liebliche Gesang in ihrer Muttersprache Farsi – wer mit dem Klang des Persischen vertraut ist, denkt bei den mal schwermütigen, mal fast poppig-beschwingten Songs vielleicht an iranische Sängerinnen wie Hayedeh oder Googoosh, andere dagegen erkennen auf den ersten Blick vielleicht erst mal wenig Orientalisches in der Musik, schon weil der warme und zugleich elegante Klang dieser Sprache hierzulande wenigen vertraut ist und sich somit regional kaum zuordnen lässt. Dabei findet sich einiges an vorderasiatischen Instrumenten und Spielweisen auf Blue Flowers, doch in der ganz eigenen Stilmixtur ragen sie nicht ganz so offensichtlich hervor.

„Khoneeye Ma”, die einzige Single-Auskopplung, ist eine berührende und mit Klavier und Streicherbegleitung recht opulent gestaltete Akustikballade im Walzertakt. Hier besingt die im Exil aufgewachsene Sängerin ihre über die Jahre ins Mythische entrückte, doch nach wie vor identitätsstiftende iranische Heimat in nostalgisch anmutenden Bildern. Daneben findet man auch einige etwas sprödere Songs von gleicher emotionaler Ausdruckskraft. „Golhaye Abi”, der Titelsong des Albums, ist ein anrührender Chanson, der ohne jede Politur auskommt, die Italiener von Roma Amor haben ganz ähnliche Songs im Repertoire. „Porteghale Man” erinnert fast ein bisschen an die folkigeren Stücke von Marissa Nadler, obwohl hier ein schwer zu fassender mediterranen Ton hinzukommt. „Afsaneh” (ein Mädchenname, der Legende bedeutet) ist mit seinen feierlichen Akkorden und der repetitiven Melodieführung der vielleicht schwermütigste Song des Albums und ein gelungenes Beispiel an Zufalls-Neofolk.

Farsad, die selbst auf einigen Songs Gitarre spielt, und ihre Band geben den Stücken einen Sound mit vielen Facetten. Neben orientalischen Melodien, westlichen Folkeinflüssen und Spuren verschiedener Musik der 60er Jahre fühlt man sich bei den Arrangements mit Akkordeon, Streichern und Mandoline, aber auch bei den etwas schmissigeren Takten einiger Songs oft an osteuropäische Musik erinnert. „Dishab” ist eines dieser schneller gespielten Stücke und behält doch seinen melancholischen Ton bei, in den sich allerdings auch etwas Euphorisches mischt – ein veritabler Ohrwurm und einer der Höhepunkte des Albums, dicht gefolgt von den leidenschaftlichen Violinparts von „Setareye Soheil”, die an alte Gypsi Tunes erinnern. Setzt das Klavier ein, klingt der Song derart nach den 60ern, dass man sich wie auf einer Zeitreise in einen vorrevolutionären Iran vorkommt, in dem bei weitem nicht alles gut war, aber immerhin Frauen öffentlich singen durften. Heute tun sie dies meist in der internationalen Diaspora, und Farsad zählt zu den neuen Hoffnungsträgerinnen persischer Songwriterkunst.

„Black Flowers” erschien bereits vor ein paar Jahren, die Ideen der Songs sollen noch weiter in der Vergangenheit liegen. Empfehlenswert sind sie nach wie vor, zumal sie hierzulande recht unbekannt sind und Gerüchten zufolge bald eine neue Platte ansteht – diese soll, wie bei vielen Folksängerinnen der letzten Jahre, etwas elektronischer ausfallen, aber das mus ja nichts schlechtes heißen. (U.S.)