Dass Jazz, auch klassischer, generell einen experimentellen, ergebnisoffenen Charakter hat, ist allgemein bekannt. Das Berliner Trio BROM beschreibt sein Zusammenspiel von Saxophon, Bass und Schlagzeug selbst als Versuchsanordnung, v.a. im Konzertkontext: Alexander Beierbach entwirft mit Tenor- und manchmal auch Sopransaxophon ein Set aus verfügbaen Motiven, durchaus nach gängigen Kompositionsprinzipien und doch offen genug, dass die “Ko-Laboranten” Jan Roder und Christian Marien an immer wieder neuen Stellen reagieren und in übermütigen Momenten das ganze Narrativ auch mal in unerwartete Richtungen lenken – ein ständiges, nie ganz vorhersehbares Auseinadernehmen und Zusammensetzen des Ausgangsmaterials.
In größeren Abständen bannen die Berliner ihre Experimente auf CD und dokumentieren damit, gleichwohl sich ihre Performances untereinander sicher nie in der Hauptsache gleichen, den je aktuellen Stand ihres Sounds. Unter dem passenden Tracktitel “Charming Chimes” beginnt ihr neues Album “Cardboard Sea” mit wohlklingenden, geschmeidigen Saxophonklängen, doch kleine Brüche zeichnen sich von Anfang an ab, vornehmlich über eigenwillige klappernde Drums, raschelnde Becken, die sich wie suchend vorantasten und eine hintergründige Spannung einbringen. Noch zaghafter, anfangs, der Kontrabass, doch im Laufe der neun zum Teil episodischen Stücke passiert es immer wieder, dass sich alle Komponenten zu einem großen Ausrufezeichen zusammenfinden – um kurz darauf wieder getrennt auf Entdeckunsreise zu gehen, mal vorsichtig fragend, mal trotzig in geräuchhaftes Terrain abbiegend oder ebenso entschlossen an der Grenze zur Stille verweilend.
Ohne Rast wird zu immer wieder neuen Zielen aufgebrochen, doppelbödig schöne Stimmungsdetails erkundet. Meist führt die Bläsersektion, doch hier und da scheint diese auch vom Groove der Bandkollegen getragen. Dass all dies nie wirklich aus dem Fluss gerät und immer wieder neue Richtungen findet, bezeugt, wie gut das Trio aufeinander eingestimmt ist. (A. Kaudaht)
Label: Tiger Moon Records