MOTHER: s/t

Wenn man die Selbstbeschreibung von Tommaso Bonfilio liest, könnte man meinen, sein Soloprojekt Mother, das er nun neben (oder nach?) seiner Mitgliedschaft in Bands wie Blind Beast oder SabaSaba betreibt, stehe unter keinem guten Stern. Inspiriert von der gestressten Existenz des einsamen Protagonisten schickt sich das Projekt hier an, ein Gefühl klaustrophobischer Statik zu transportieren, und zuguterletzt soll nach dem Debüt erst einmal wieder Schluss sein, da der Künstler sich zur Neuorientierung in ein einjähriges Exil zuückzuziehen plant.

All dies mag man aus den vier soundscapigen Stücken des Tapes heraushören, und doch ist das immer leicht chaotische und dadaistisch anmutende Klangmaterial oft kurzweilig und von überraschender Farbenpracht.

Das nasale Summen und das lakonische Gezupfe, das im ersten Track an einen Kontrabass erinnert, verströhmt einen provisorischen Improv-Vibe, eine Aura des Versuchsweisen, Nachlässigen, Ironischen und könnte wahrscheinlich nicht unpassender betitelt sein als mit “Napoleon”, es sei denn, man denkt an Waterloo. Hörbarer Atem, bäriges Brummen und Knurren und ein quäkender Kamm schaffen im Cut-up-Verfahren eine hörspielartige Szenerie, die mit rasselnden und bimmelnden Objekten, Vogelstimmen, Lautsprecheransagen und wie eine Brandung auf- und abebbenden Automotoren in den folgenden Tracks noch um einiges plastischer ausgebaut wird.

Verspielt-verfremdete Stimmen über schleppenden Takten erinnern in “S.I.T.H. Shot in The Head” etwas an Nurse With Wound, doch auch eine leicht bluesige Americana-Note ist auszumachen und fügt sich gut in den sarkastischen Grundtenor, der nur für Momente – hamonische Dröhnung im kryptisch betitelten “2252019″ besipielsweise – durchbrochen wird. Insgesamt ein mehr als ausbaufähiges Projekt, an das Bonfilio nach seiner Pause wieder anknüpfen sollte.

Label: Commando Vanessa