Den weitläufigen Kosmos um The Ex und seine bald vierzigjährige Geschichte überblicken wohl nur ganz wenige. Diese tief im Amsterdamer Squattermillieu verwurzelte Szene, die Ende der 70er im Zeichen des Anarchopunk auf der Bildfläche erschien, war anders als vergleichbare Zeitgenossen nicht nur Statement und Ereignis, sondern ließ ganz eigene subkulturelle Traditionen entstehen, die nie zur Selbstkarikatur wurden und weit mehr umfassten als glatten Postpunk oder prolligen Crustcore.
Das hängt sicher auch damit zusammen, dass im The Ex-Umfeld für Punk-Verhältnisse ungewöhnliche Verbindungen geknüpft wurden – Jazz, freie Improvisation, neue Musik, Folk aus allen Himmelsrichtungen: All dies und mehr ließ sich so gut in das musikalische und weltanschauliche Mosaik eingliedern, als hätten all die Komponenten nur darauf gewartet, zueinander zu finden. Viele Musiker, die irgendwann in diesem Kosmos auftraten, hatten bereits eine bewegte Vorgeschichte. Kat alias Katherina Bornefeld, die seit 1984 am Schlagzeug sitzt, spielte zuvor in einigen süddeutschen Punkbands, eine davon war das mit einer Bassistin und einer Geigerin betriebene Trio 3Musketiere. Das 1983 live im Stuttgarter Proberaum aufgenommene Tape “Abflug” hat den Charme einer originellen Schülerband, die darauf wartet, für größere Abenteuer entdeckt zu werden.
Der trotz Bassbrummen eher luftige Sound wird getaktet und aufgemischt durch Kats meist einfaches, aber immer wandlungsreiches und von spontanen Brüchen durchzogenes Schlagzeugspiel, das von straightem Uptempo bis zum snarigen Paradetanz und einer spontanen Walzereinlage zu den Versen von “Ach du lieber Augustin” auf so einiges Lust hat. Eine andere Säule ist die folkig-mittelalterliche Violine, die mit manchmal besinnlichen, oft dramatischen und bisweilen geradezu heroischen Melodien einer Punkband dieser Zeit eine originelle Zutat gab. Den Levellers und Inchtabokatables dieser Welt überdrüssig muss man dabei heute einige klischeehafte Assoziationen aus der Wahrnehmung filtern.
Gekrönt wird all dies wiederum von Kat, die zugleich als Sängerin Verse über Resignation, Wut, Mut und Kampfbereitschaft schmetterte, und durch ihre herzigen Ansagen, in denen sie die Songtitel extra pathetisch ankündigte und dem ganzen eine teeniehafte Ironie beigab, verdiente sie sich einige Sympathiepunkte mehr. Bei Songs wie “Vater Staat”, “Stunde des Vergessens”, “Trauma” oder “Schicksal” prophezeiten bestimmt einige der Band eine große Zukunft. Für die 3Musketiere dauerte diese dann leider doch nicht so lange, doch durch die gerade erschienene Wiederveröffentlichung sollten sie entgültig der Vergessenheit entrissen werden.
Label: Terp Records