Das monotone Rollen einer schnell gezupften Gitarre, leicht heiserer Gesang nah am Flüsterton mit nur kleinen und doch markanten Ansätzen einer molllastigen Melodik. Dazu spannungsgeladenes Rumpeln und Dröhnen aus den Tiefen eines Verlieses. Verse, die von schwarzen Löchern erzählen, von reitenden Leichen und von etwas, das zwischen den Tagen, im Dämmerlicht, umgeht. Songtitel, die wie Zeilen eines hermetischen Gedichtes anmuten. Auch nach Jahren erkennt man Boduf Songs schon nach den ersten Minuten, und all die wiederkehrenden Stilelemente stören nicht, weil der aus dem Doom Metal stammende Matt Sweet sich rar zu machen versteht. Ebenso muss man ihm seinen Hang zu spukhaften Effekten nicht übelnehmen, man kann sie sogar begrüßen, denn auch hier beherrscht er die paradoxe Kunst der Zurückhaltung und des verhuschten Andeutens.
Frei nach Sarah June kann man Boduf Songs’ fragile Lofi-Musik, die dunklen Folk und dezente Elektronik verbindet, als Atticcore bezeichnen – die Musik zur im Halbdunkel erforschten Rumpelkammer des eigenen Unbewussten, in der alte Helloween-Masken, gemalt von Tor Lundvall, hinter jeder Ecke lauern, tote Gegenstände, aber wer weiß das schon so genau. Das hat sich auch auf seinem aktuellen Longplayer „Abyss Versions“ nicht wesentlich geändert: „Black Nails“ hätte auf einer der frühen Veröffentlichungen auf Kranky seinen Platz gefunden mit seinen Mustern aus simplen Apreggios und den schleppenden Vocals – einem Muster, das sich nur minimal im Tempo und in der Fülle steigert, auf Brüche und Episoden aber ganz verzichtet. Ganz ähnlich gestrickt ist der Opener „Gimme Vortex“, der mit dezent eingesetzten Field Recordings die typische Mixtur aus Beklemmung und unverkitschter Heimeligkeit zustande bringt.
Mit einer überschaubaren Zahl an Kunstgriffen starke Effekte zu erzielen, ist die zentrale Stärke solcher Songs, doch Sweet versteht es auch, durch kleine Zusätze Variation ins Spiel zu bringen, wodurch der Vorgänger „Stench of Exist“ zu seinem bisher üppigsten Album wurde. Einige Momente auf „Abyss Versions“ docken daran an: In „Unseen Forces and How to Use them“, dessen geflüsterter Text über eine mystische Reise nur partiell verständlich ist, singt er im Duett mit sich selbst, was die Stimmung noch diffuser werden lässt. Der wie aufgeklebt wirkende Downtempotakt einer wavigen Drummachine verknüpft den Track mit fast reinen Soundscapes wie „Behold, I Have Graven Thee Upon the Palms of My Hands; Thy Walls are Continually Before Me“, in der ultraverzerrte Stimmfetzen („We’ll come!“), heulender Wind und springende Metallfedern das Narrativ übernehmen – aber auch mit einem für Sweets Verhältnisse fast poppigen (oder postpunkigen) Arrangement wie „In the Glittering Vault, in the Flowery Hiatus“.
Trotz einer letztlich soliden Zahl an Details, an oft undefinierbaren Samples und subtilen Brechungen, die man oft erst mit der Zeit registriert, überwiegt doch der faszinierende Eindruck des Skeletthaften, Repetitiven und Konzentrierten, auf das der Musiker sich bewusst reduziert, weil er es vermag und nicht, weil ihm sonst nichts einfiele. Dass Boduf Songs mit seiner verhuschten Feier des Kleinen, Zaghaften, Myteriösen vermutlich einige der Apocalytic Folk und Dark Ambient liebenden Schwarzkittel, die sich aus irgendwelchen Gründen auch für In Gowan Ring und Current 93 begeistern, in seinen Bann ziehen würde, wenn er einmal etwas auf einem einschlägigen Szenelabel herausgebracht hätte oder auf dem WGT aufgetreten wäre, ist zu all dem nur eine triviale Fußnote. (U.S.)
Label: Orindal