Als die beiden Lärmdröhner 9T Antiope vor einigen Monaten in einem Interview sagten, sie könnten keine Optimisten sein, musste man nur in ihr gerade erschienenes Tape “Nocebo” reinhören, um ihnen angesichts der mal explosiven, mal niederdrückenden Brachialität und des desolat wirkenden Textvortrags zu glauben. Selbst die latent sakrale Komponente, die sich hier und da in Samples und dem sermonartigen Ton mancher Vocals offenbart, brachte kaum Licht in die dunkle Kunstwelt der in Paris lebenden Iraner Sara Bigdeli Shamloo und Nima Aghiani.
Trotzdem gibt es bei 9T Antiope auch eine filigrane Seite, die mehr als zuvor vielleicht in der kurz darauf erschienenen Zusammenarbeit mit ihrem Landsmann Siavash Amini bislang am deutlichsten zutage trat. Das ging nicht zuletzt auf den vermehrten Einsatz akustischer Instrumente wie Streicher zurück.
Auf ihrem nun dritten Longplayer in diesem Jahr namens “Grimace” kommt diese Seite noch deutlich zum Ausdruck, auch wenn die ersten Minuten von “Dry Run” v.a. maschinelle Dröhnung liefern. Die stilprägende Violine macht sich zunächst in Form schriller Striche bemerkbar, die durch eine körnige Dunkelheit zucken, doch bald kristallisiert sich Melodie heraus, monumental und kurz, denn sie überlässt schnell dem minimalistisch-theatralischen Vortrag Shamloos das Feld: “Row, row, row your boat”- eine Sisyphos-Arbeit angesichts des Titels. Im Verlauf des Albums offenbart die Musik eine geradezu orchestrale Seite, die in “Down the Rabbit Hole”, das mit einer zitternden und flirrenden Geige beginnt, zu einem Score voll dramatischer Wendungen wird: Hier ist der Gesang melodischer und scheint anfangs wie von einer stirnrunzelnd erschöpften Abgeklärtheit durchdrungen, doch auch über die Stimme, die mit der Zeitimmer aufwühlender erklingt, bricht sich irgendwann einiges an Energie Bahn, die in der fragilen Vitalität von “An End to Itself” noch gesteigert wird.
Die fast schwindelerregende Aufgewühltheit, die sich im Wechselspiel von Vorwärtsdrang und Irritation ergibt, eröffnet eine Menge an Assoziationen, und hier und da wie in “In Hiatus” könnte man aus dem Mix aus dramatischen Streichern, Noise und ungekünsteltem Gesang auch eine Spur Dada heraushören. Dass man nach der wahnhaften Schlussgebung von “Mise en Abyme”, das nach einer Fortsetzung schreit, kaum glaubt, dass nur fünfundzwanzig Minuten vergangen sind, dankt sich aber nicht nur dem stilistischen Reichtum, sondern mehr noch der fordernden Emotionalität, die jede Minute von “Grimace” durchdringt. (U.S.)
Label: Eileen Rec.