MALEEM MAHMOUD GHANIA WITH PHAROAH SANDERS: The Trance of Seven Colors

Im Frühjahr 1994 reisten Bill Laswell und der Saxophonist Pharoah Sanders ins marokkanische Essaouira, um einen der berühmtesten Musiker des Landes bei einer rituellen Performance aufzunehmen. Es handelte sich um Maleem Mahmoud Ghania, ein Virtuose an der Guimbri, einer dreisaitigen Kastenhalslaute, und Meister der Gnawa-Musik. Diese wurde in der Neuzeit von Sklaven aus Westafrika in den Maghreb gebracht und wird bis heute von deren Nachfahren, die meist sufistischen Ströhmungen nahestehen, praktiziert – ursprünglich nur bei Heilungszeremonien, in neuerer Zeit aber auch im Rahmen von Konzerten. Die Aufführung, der die beiden Amerikaner beiwohnten, fand mit üppigem Ensemble in einem privaten Haus statt, und Sanders begleitete einige Passagen auf seinem Tenorsaxophon.

Sanders ist es auch, der die Musik mit hellen Strichen und Tupfern seines Instruments eröffnet, umschwirrt von Wortfetzen und anderen Geräuschen der Anwesenden, erst nach und nach kommen die klassischen Gnawa-Elemente hinzu: Der blecherne, ungemein tanzbare Takt einer Fasstrommel, Ghanias durchdringender Sologesang und ein Frauenchor im westafrikanischen Stil, der mit ihm einen Gesangsdialog in Call and Response-Manier anstimmt, wie man ihn auch vom Blues kennt, worauf Sanders mit wehklagender Einringlichkeit reagiert. Das tiefe Wummern der Guimbri-Saiten, das Laien an eine Oud erinnern könnten, kommt erst beim zweiten Stück zum Einsatz, begleitet vom rostigen Rasseln metallener Klappern. Wie gut sich das Saxophonspiel in die traditionelle Musik einfügt, ist beachtlich. Beim Sonny Sherrock gewidmeten „Peace in Essaouira“ stimmt es eine berührende Melodie zum sanften Regen der Rasseln an, im geradezu rasenden Furor von „Hamdouchi“ erinnert es fast an eine Schalmei, und immer wieder setzt die Guimbri ein und sorgt wie eine Bassgitarre für den entsprechenden Groove.

Dass solche Musik aus dem Kontext von Ritualen heilender und exorzierender Art stammt, ist kaum zu überhören, doch die eingängige Tanzbarkeit und die vitale Stimmung mussten irgendwann zu einer gewissen Popularisierung führen, und so trat auch Ghania, in dessen Familie die Gnawa-Musik generationenlang für Heilungszwecke praktiziert wurde, später auf internationalen Bühnen auf, teils im Zusammenarbeit mit Musikern wie Carlos Santana und Peter Brötzmann. Die Aufnahme mit Pharoah Sanders, die noch im selben Jahr unter dem Titel „The Trance of Seven Colours“ auf Laswells Axiom-Label herauskam, war für viele in den westlichen Ländern der Eintritt in den Gnawa-Kosmos und galt schnell als Klassiker. Nach fünfundzwanzig Jahren ist das Album nun in remasterter Form auf Vinyl erschienen. (U.S.)

Label: Zehra