Über das farbenfroh kostümierte Trio Kuunatic sind seit einiger Zeit Gerüchte im Umlauf. Bisweilen hört man, die drei Musikerinnen, die neben Schlagzeug, Mikro, Bass und Keyboard noch ein paar traditionelle Instrumente beherrschen, seien in Tokyo zuhause und haben neben japanischer Musik eine Menge über lateinamerikanische Rhythmen, die Strukturen des Progrock und die Studioarbeit von Dub und Rootsmusik studiert und zu einem eigenwilligen Mix kombiniert. Angeblich soll sogar Yuko Araki, die gerade als Noisemusikerin durchstartet, die Felle traktieren. Die Teinahme an der japanischen Seito-Compilation würde dafür sprechen. Andere behaupten allerdings, dass sie aus dem obskuren Kleinstaat Kuurandia stammen und sich vor ein paar Jahren entschieden haben, die genuine Folklore des Landes dem Rest der Welt zugänglich zu machen. Wir halten uns da bedeckt.
Bislang gab es neben der Split-7″ mit der aus Taiwan stammenden Psych Fuzz-Combo Crocodelia eine EP mit vier eigenen Tracks. Auf diesen mischen sich Verspieltheit und Experimentierfreude mit einem martialischen Vorwärtsdrang, bei dem nie klar ist, wie augenzwinkernd auch der gemeint sein könnte. “Distant Song” beginnt wie ein monumentales Rocksolo, der Titel sitzt perfekt, denn die martialischen Trommelwirbel, die monotonen Keys und der mehrstimmige Chorusgesang passen perfekt zu einer Band, die gerade auf einer großräumigen Bühne Einzug hält. Der Opener würde gut in die Siebziger passen und hätte sich bestens im psychedelichen Score eines italienischen Genrefilms gemacht.
Die meisten Stücke sind von spontanen Brüchen und episodischen Abschnitten durchzogen. “Spirit Halt” startet mit dem monotonen Zusammenspiel von Bass, Synthies und Midtempo-Takt und erweist sich nicht erst beim Einsatz des beschwörenen Gesangs als ultrahypnotisch. Ohne weitere Vorwarnung wird man jedoch prompt in ein Kostümfilmszenario mit folkiger Perkussion und lieblichen Flötenklängen gestürzt, bis postpunkiger Groove einen per Räuberleiter auf den Floor zurückholt, wo es ganz schön dubbt – und ja, “Kuurandia” ist eine dieser Platten voller Stilzitate aus dem pop-, sub- und ethnokulturellen Warenhaus, bei dem die Kombination und Veredelung der unterschiedlichsten Inhaltsstoffe ein ebensolches Fest ist wie das nerdige Begriffeschleudern der neunmalklugen Schreiberlinge im Anschluss. “Kuulanding” ist mit etherischem Gesang und seltenen Instrumenten das größte Stück Exotismus, doch wie um zu zeigen, was sie können, schwenken die drei flugs zu einer Stilmixtur, aus der man Latino und europäisches Mittelalter zugleich herauszuhören glaubt. Mit “Battle of Goddesses” klingt die EP recht rau und kämpferisch aus, und man möchte bei der Schlacht nicht unbedingt zwischen die Fronten geraten.
Wo immer Kuurandia liegt, ausreichende Beziehungen zu ostasiatischen Ländern bestehen schon mal, und so wird die vor gut zwei Jahren erschienene Platte zum 31. Oktober auf solidem Wachs bei südkoreanischen Label Extra Noir wiederveröffentlicht.
Label: Extra Noir