DER BEKANNTE POSTINDUSTRIELLE TROMPETER: IsolaCtion

Liest man den Namen DBPIT, dann kommen nostalgische Gefühle auf, vorausgesetzt man gehört zu den Glücklichen, die in den Jahren um die Jahrtausendwende eine verschrobene römische Szene verfolgt haben, in der neben bekannten Namen wie Ain Soph und Circus Joy auch Geheimtipps wie The Sentinels, Mushroom’s Patience, Malato und eben DBPIT oder D.B.P.I.T. ihr Unwesen getrieben haben – verrückte Rocker, Mods und Dandies mit ganz unterschiedlichen musikalichen Ideen, deren gemeinsamer Nenner mit herkömmlichen Begriffen wie Industrial, Psychedelic, Ambient, Surfrock, Dark Folk, Ritual, Electronica und was es sonst noch gibt kaum erfasst werden kann.

Das kryptische Kürzel steht für Der bekannte postindustrielle Trompeter, was ein paar Jahre lang der Nom de Guerre von Zahnarzt, Trompeter und Producer Flavio Rivabella war, später mit dem Projekt seiner Frau XXENA fusionierte und letztlich in das aktuelle Duo Noise Clvster mündete. Seine Musik steht für den vielleicht technoidesten Zweig dieser gewachsenen Community. Die aktuelle Quarantäne-Situation gab Rivabella den Anstoß, ein paar alte und sehr alte Aufnahmen seines ursprünglichen Projektes, die aufgrund ihres fragmentarischen Charakters nie den Weg auf einen Tonträger fanden, gründlich zu überarbeiten und digital zu veröffentlichen.

Die gründliche Überarbeitung kommt in dem Fall auch einer Annäherung an Rivabellas aktuellere Arbeiten gleich, zumindest trifft dies auf den opener “Funky Slum” zu. Groovy und treibend, aber nie zu statisch und voll plötzlicher Wendungen offenbart das Stück die spielerische Lust eines Hobbyisten, der vielen älteren Arten der elektronichen Musik zugeneigt ist und dessen Herangehensweise immer dem Experiment und der Exzentrik Raum gibt. Nach dem ausgesprochen clubtauglichen Auftakt geht es mit barocken Sounds weiter, die aus einem Giallo-Score gefallen sein könnten, was von den creepy gehauchten Vocals von XxeNa noch untermauert wird – “From my Window” ist das kollaborativste Stück des Albums, denn selbst Mario F.O.B. Rosati von Circus Joy dreht hier an dem einen oder anderen Knopf.

Einige Tracks haben dieses Clubfeeling, das in eine große, industrielle Halle passen würde und auf den klassischen Aufnahmen des Trompeters allenfalls marginal vorhanden war – so die hallastig treibenden und stampfenden “Magic Moth” und “Live it up” oder die überarbeitete Version des Noise Clvster-Stücks “Witchfinder General”, die in düsteren Techno-Szenarien den Opfern der frauenfeidlichen Seite von Religionen Tribut zollt. In “Bekytanz Drei” eine, bislang unbekannten Sequel zweier Tracks aus den Zweitausendern, mischt sich dieses Weiträumige mit dem in eisiges Rauchen gepackten Markenzeichen der alten Tage, nämlich Rivabellas ambienten Trompetenparts.

Vollends nostalgisch darf man zuguterletzt bei “Jules the Gentle Pilot” werden, das mit wirren Samples, verrückten (Tier?)Stimmen und natürlich der Trompete das so gerne mit Nurse With Wound vergleichene Feeling aufleben lässt, das den frühesten Aufnahmen Rivabellas ihr besonderes Gepräge gab. Einem Revival des DBPIT-Projektes parallel zu Noise Clvster wäre ich somit in jedem Fall zugeneigt. (U.S.)

Label: Spettro Records / Dischi Gatto Alieno