Das Samplen, Zerlegen und in eine neue, kollagenhafte Form bringen populärer Musik ist seit Jahren ein Steckenpferd von Komponist und Producer Carl Stone. Mit dem Ohr eines Ethnographen stellt er die Schönheit, aber auch die triviale, klischeehafte Seite der Popkultur vom Kopf auf die Füße und legt so, durch Verfremdungen aller Art, verborgene Kehrseiten frei, die einem gefallen mögen oder auch nicht.
Nach dem großartigen “Himalaya”-Album, dass verschiedene Regionen Südost- und Zentralasiens im Spiegel des Rock’n'Roll porträtierte, wandte er sich stärker westlichen Pop-Formen zu. Auf die Single “Ganci & Figli”, die gesamplete Schmachtfetzen, wie man sie gelegentlich beim Friseur hört, in eine schwindelerregende Karusellfahrt verwandelt, ist nun eine weitere 7″ mit zwei dekonstruierten Bubblegum-Tracks erschienen.
“Au Jus”, vor gut einem Jahr im Berliner Kiezsalon aufgeführt und aufgezeichnet, hangelt sich an einem Radiopopsong entlang, der mir – was aber nichts heißen muss – unbekannt ist. Durch die alles nur überfliegende Skip-Bewegung entsteht ein perkussives Rasseln, das der Zitathaftigkeit etwas eigenes entgegenstellt, dich das rastlose Scannen der Musik, das jede Indentifikation beinahe unmöglich macht, scheint mir der eigentliche Stempel Stones zu sein. Auf “The Jugged Hare”, benannt nach einem Londoner Lokal und bei einer Show in Tokio mitgeschnitten, setzt auf deutlichere Effekte: Durch einen ähnlichen Skip-Vorgang kommt der liebliche feminine Gesang nach ans Jodeln, der irgendwann einsetzende Zeitraffer taucht das Ganze endgültig in einen Slapstick, der gut zu einem Titel passt, der auf deutsch “Schmorhase” bedeutet.
Neben der zweifelsohne vorhandenen Ironie, die zu negativ interpretiert schnell als selbstgefällige Kritik am Trivialen und seiner unfreiwilligen Komik kentern kann, scheinen die beiden Tracks v.a. den Fokus auf den Faktor Zeit zu legen, der beim unbewussten Zappen durch die kulturellen Zeichen des Alltags oft ein komplexes Eigenleben beginnt. (U.S.)
Label: Unseen Worlds