Make Incest Great Again oder kurz MIGA ist ein obskures Soundkollagen- und Remix-Projekt aus dem Umfeld von Staaltape und Staalplaat, dessen Grundausrichtung vielleicht weniger politisch ist, als es beim Betrachten des Titels und des Artworks – das Cover basiert auf einem Foto von Ivanka Trump, falls da Zweifel betehen – scheint. Doch wer weiß, leicht auf eine griffige Formel zu bringen ist das gleichnamige Tape keineswegs.
Das Gros der verwendeten Sounds besteht aus vielen Zitaten populärer Musik: gesamplet, bearbeitet, geloopt und bisweilen vielleicht auch nachgespielt. Dazu kommen Schnipsel aus den Medien, in denen der amtierende US-Präsident mit Aussagen zu seiner Person, seiner Familie und v.a. seiner Tochter eine der Hauptrollen spielt. Eine Aura des Schmierigen umgibt diese Details, die nicht nur angesichts des Titels, sondern auch im Kontext der oft einschmeichelnden, quietschbunten Musik ziemlich sicher als Tabubruch gemeint sind. Staaltape-Chef Rinus van Alebeek hat die Rohaufnahmen einer ganzen Reihe an Mitstreitern zum Remix geschickt, und man darf rätseln, wer sich hinter Pseudonymen wie The New Plastic People, Kylie Minogue, Sean Jason, Mrs Mangle, El Tonto Bing Bang, George George, kp und Kim Wild 93 – auch hier hagelt es Anspielungen auf Bubblegum-Pop und auf Trumps Biografie – versteckt.
Auf der ersten Seite herrscht, wenn man die textliche Seite der eingespielten Ansprachen und Interviews ausblendet, über weite Strecken ein durchaus entspannter Ton. Rootslastige Takte dringen aus den Tiefen zarter Dröhnung und bilden das Fundament vielfacher popkultureller Cheesyness, ein Hauch von Bossanova weht durch das Setting. Erst nach einer Weile versinkt alles recht abrupt in einem heftigen Strudel, der deutlich macht, dass die Beteligten ihre Hausaufgaben in Sachen Lärm gemacht haben. Wenn in der aus den Fugen geratenen Szenerie, in der anheimelnder Gesang durch rituelles Klingeln, Tempospielereien am Turntable und veritablen Noise getrieben wird, ein Heliumstimmchen säuselt, lässt das weniger an Violent Onsen Geisha denken, als an NWWs “Fashioned To A Device Behind A Tree” mit seinem verstörenden “Nein Papa, ich will nicht Papa”-Sample.
Die zweite Seite gestaltet sich noch brüchiger und gruseliger, Schritte, die an einen Knastkorridor erinnern, führen direkt zum Präsidenten, um dessen Beschreibung seiner Tochter, die ebenfalls zu Wort kommt, das entsprechende Stück mehr oder weniger gebaut ist. Das Alptraumhafte des Szenarios rührt sicher nicht nur aus der Einbettung in markante Motive: ein dreckiges Lachen, knurrende Monster, laszives Stöhnen, eine zersägte Sopranistin aus einem bekannten Musical u.s.w.
Bei der starken Kontrastierung krasser Inhalte mit zumindest partiell süßer oder launiger Musik, entsteht ein Gesamtbild, das kaum weniger inzestuös sein könnte, die Zusammenführung recht unterschiedlicher und stets fragmentarisch bleibender Motive verweigert zudem jede Möglichkeit, MIGA unter einem Slogan zu fassen. Man kann darin eine besondere Stärke sehen, mir erschien trotz allem interessanter, dass hier im Unterschied vieler satirischer Kritik am Potus, derbe Polemik angesagt ist, die ähnlich unter die Gürtellinie geht wie die gängigen Invektiven seiner Supporter. Schön zudem, dass dies mit einem feinsinnigen popkulturellen Kollagenwerk kombiniert wird, das sich auch ohne den thematischen Rahmen hören lassen könnte.
Label: Staaltape