DENIS FRAJERMAN: Macau Peplum

Denis Frajermans Karriere als Musiker und Komponist reicht bis in die frühen 90er zurück, unseren Lesern sollte seine Musik spätestens seit seinem zweigeteilten Album “Wasteland/Lawrence of Arabia” bekannt sein, dass vor knapp zwei Jahren erschien und ein musikalisches Panorama zwischen Kammermusik, Lesung und cinematischer, leicht orientalisch angehauchter Musik präsentierte. Ich halte den ersten Teil immer noch für eine der besten musikalischen T.S. Elliott-Interpretationen.

Das vor einigen Monaten wiederveröffentlichte “Macau Peplum” erschien erstmals Ende der 90er, einige der Tracks wurden noch früher, kurz nach der Auflösung von Frajermans Band Palo Alto geschrieben. Im Unterschied gerade zur eher gediegenen Elliott-Vertonung offenbart dieses Album (auch) die exzentrischere Seite seiner Musik. Ein verbindendes Element ist das große Aufgebot an klassischen Instrumenten und anderen, meist elektronischen Klangerzeugern.

Spannungsgeladenes Zupfen und Kratzen auf zweckentfremdeten Saiten eröffnet das Werk, ratternde und rumpelnde Perkussion und ein undefinierbares Quietschen kommen hinzu, doch was sich zur rasenden Noise-Orgie steigern könnte wird zur Kulisse für die ernste, stimmungsvolle Rezitation von Susannah Rooke, die auch den Elliott-Text auf dem neueren Album liest und hier einen Textauszug des Science Fiction-Autors Jacques Barbéri vorträgt. Doch die Instrumente geben den vorderen Bühnenraum keineswegs komplett frei, Ethnodrums und Streicher, die an eine orientalischere Variante der Arbeiten Petr Vastls erinnern, sorgen für Spannung, und nicht erst das hysterische Bellen am Ende des Openers lässt an die Nurse With Wound der “Sucked Orange”-Phase denken.

In all dem hält “Macau Peplum”, was sein Auftakt verspricht und entpuppt sich als echte Wunderkammer an schrägen, quirligen und manchmal auch bedrohlich klingenden Einfällen: Rollende Trommelwirbel und gelegentliche Freakouts geben den Takt vor für die gehetzten Schritte, die an eine panische Flucht erinnern – ein Eindruck, der durch die asiatisch anmutenden Instrumentalsounds nicht veschwindet und durch eine aufgebracht schreiende Sopranistin vollends untermauert wird. Gehetztes Hecheln und seltsames Klicken und Rasseln wollen so gar nicht zu dem lasziven Saxophon passen, das sich in die Szenerie drängt wie ein nonchalanter Kommentar (und im übrigen von keinem geringeren als dem Schriftsteller Barbéri gespielt wird, der hier seiner zweiten Leidenschaft fröhnt). Rituelle Perkussion bringt eine noisige Quietsch-Orgie zum schweigen und macht später den Weg frei für dramatische Bläserparts. Kuhglocken und brummende Motoren bilden den Hintergrund für Rezitation und mehrstimmigen Gesang.

Den Abschluss bildet das knapp zwanzigminütige “Le Voyeur”, das bereits in der Originalfassung als eine Art Bonus gehandelt wurde und sich bedächtig von dunklem Dröhnen zu einem kabarettartigen Marionettentanz im Walzertakt steigert – ein episches Finale einer großartigen Platte, die hierzulande sichr noch auf ihre Entdecker wartet und die mehr sein kann als ein interessanter Geheimtipp. (U.S.)

Label: Klanggalerie