Lloyd James war in der jüngsten Zeit derart aktiv mit anderen Bands wie Crisis, Lark Blames und der von wenigen noch erwarteten Veröffentlichung des Man Eat Man Eat Man-Debüts, dass man kaum mit einem neuen Lebenszeichen seines Stammprojektes Naevus gerechnet hätte. Anscheinend hat er und sein solides Aufgebot an Musikern die unberechenbare Situation im vorigen Jahr bestens genutzt, denn seit einiger Zeit geistert “Time Again” durch die gestreamte Welt und ist nun auch als CD erhältlich.
Es ist nicht nur James’ charakteristische Stimme, die einem gleich in den ersten Minuten ein vertrautes Naevus-Gefühl vermittelt, sondern auch die Mischung aus drängenden, punkigen Drums und geschrammelten Akustikgittaren, die dem umgekünstelten Ohrwurm “Ode to Rind”, einer obskuren Botschaft aus dem Sarg, ein stabiles Fundament geben. Nachdem der Opener (und im Laufe des Albums einige weitere Songs wie “Do it Twice”, “Shoe me Boat” und das schwermütige “The Endless Winter” mit seiner resignativen Klage über die mühsame Suche nach dem Licht am Ende des Tunnels) auf die vertraute Art daherkommen, die Rezensenten immer wieder zu Vergleichen mit so unterschiedlichen Kollegen wie Echo and the Bunnymen, Death in June oder New Model Army verführten, so stechen einige Tracks mit einem leichten Touch von Americana heraus. So der rockige Titeltrack und besonders “Not a Word”, dessen pappschachtelige Drums zunächst einfach wirken, dessen Dialog elektrischer und akustischer Gitarren aber ein feinsinniges Gewebe entstehen lässt, das mehr sagt als die Worte, deren Fehlen im Text so eindrücklich beklagt wird. Worte kommen (nicht nur) hier u.a. als hintergründiger Gesang von Aurora Lee, die zusammen mit James einen weiteren Zopf flechten. Wer sich entsprechend auskennt, kann zudem die Beiträge von Tony Wakeford, David E. Williams und Andrew Trail heraushören.
Viele der Songs überraschen durch halbversteckte kleine Ideen, die unerwartete Farben ins Bild bringen und so auch die belohnen, denen der Reiz der bei Naevus wichtigen Monotonie unzugänglich bleibt, und die auch die Tatsache, das sich die Songs fast immer im Verlauf wandeln, nicht entschädigt. “Fearing”, das eine alles verschlingende Angst mit Orgel, Gitarre und stoischem Gesang in ein poetisches Bild packt, wäre nicht jedem gelungen. “120 Days of Sediment”, dessen Dark Folk sich mit der Zeit immer mehr als nowaviges Monster entpuppt, projiziert nicht nur den vermeintlich göttlichen Marquis und Pasolini an eine nassgraue Betonwand, sondern entrückt die ganze Szene in die vielleicht trügerische Welt einer wunderschönen Klaviermelodie. Das schnöde Hier und Jetzt verlangt freilich seine älteren Rechte gleich in “Shame”.
Schön, dass Naevus zurück sind, und “Time Again” mit dem Artwork von Daniele Santagiuliana ist ein mehr als gelungenes Lebenszeichen. (U.S.)
Label: Hau Ruck!