STELLA CHIWESHE: Ambuya!

Die 1946 geborene Stella Chiweshe ist die erste weibliche Mbire-Spielerin Zimbabwes und der Welt und hat bereits in jungen Jahren mit einigen kulturellen Tabus gebrochen. Das hierzulande wenig bekannte Instrument ist den Xylophonen verwandt und wurde im Südosten Afrikas traditionell nur bei religiösen Veränderungen und ausschließlich von Männern gespielt.

In der Spätphase der britischen Kolonialzeit, als Zimbabwe noch Rhodesien genannt wurde, war das Spiel auf dem Instrument sogar ganz untersagt, da man die traditionellen Rituale für subversiv hielt. Als Chiweshe in den 70ern ihre ersten Auftritte und Aufnahmen hatte, musste sie also gesetzliche, religiöse und geschlechterspezifische Barrieren überwinden – was ihr trotz Widerstand gelang, und mit einer Reihe an Singles wurde sie in ihrer Heimatregion schnell zum Star. Der internationale Durchbruch gelang ihr dann gut ein Jahrzehnt später, als sie bereits in Berlin eine zweite Heimat gefunden und zahlreiche Kontakte geknüpft hatte, mit dem Album “Ambuya?”.

Auch das Album brach wieder mit Gewohnheiten, denn anders als (auch auf ihren eigenen früheren Aufnahmen) üblich, nahm sie ihr Instrument diesmal mit elektronischer Verstärkung und begleitet von der Band 3 Mustapha 3 auf. Einmal mehr kam durch sie frischer Wind in die Mbire-Musik, und wieder wurde ihr Mut von Erfolg gekrönt.

Schon auf den frühen Singles fiel die angeregte Heiterkeit der Musik aks erstes ins Auge, und auch hier entfaltet sich über den warmen Klang des Instruments, das Melodie und Rhythmus zugleich hervorbringt, und die helle, bisweilen etwas heisere Stimme eine positive, gelöste Atmosphäre. Unabhängig von der wechselvollen Gangart denkt man bei der Musik sofort ans Tanzen, zugleich aber versprühen die Songs eine Tiefe, die den spirituellen Ursprung des Stils durchscheinen lassen, ohne ihn im geringsten zu trivialisieren. Lässt man sich von der Stimmung mitreißen, können einem die Songs wie aus einem Guss erscheinen, doch mit der Zeit offenbaren sie alle über die Takte, die Melodien und das Tempo ihren jeweiligen Charakter, und das wäre auch ohne Begleitung so.

Durch die Mitwirkung von 3 Mustapha 3 gerät alles freilich noch wechselhafter
Die Rhythmen der perkussiv gespielten Mbire bekommen durch Drums und Rasseln eine neue Wirkung, die an manchen Stellen die Tanzbarkeit steigert, an anderen aber auch eine leichte Sperrigkeit erzeugen. Durch die Einbettung in dezente Ekektronik entstehen teils dub-lastige Effekte, und aufgrund der wechselnden Fülle der Instrumentalbegleitung bekommt der Gesang, der an ausgesuchten Stellen in Call and Response-Dialog mit männlichen Vokalisten tritt, eine spannende Dramaturgie. All dies wahrt eine große Stimmigkeit und konnte seinerzeit nicht unbemerkt bleiben. Das Album wurde in den alternativen World Music-Communites ein Hit, und ein Jahr drauf konnte Chiweshe ihre Musik in einer John Peel-Session vorstellen.

Nachdem Glitterbeat bereits vor gut zwei Jahren die frühen Singles auf einer Compilation herausbrachten, legt ihr Stammlabel Piranha nun mit einer auf Basis der analogen Tapes remasterten Fassung von “Ambuya!”, und bei dem Ausrufezeichen ist mir an der Stelle kein Tippfehler unterlaufen. Da das Wort in der Sprache der Shone-Volksgruppe Großmutter bedeutet, könnte es auf das Lebensalter der Musikerin gemünzt sein, naheliegender ist die Referenz auf Ambuya Nehanda, eine lokale Freiheitskämpferin des 19. Jahrhunderts, die Chiweshe bereits in einem Film verkörperte.

Als Bonus sind die Tracks aus der besagten Peel-Session angehängt, die mit anderer Besetzung eingespielt wurden, sich stilistisch aber gut ins Bild einfügen. (U.S.)

Label: Piranha Records