THE OLD DREAM OF SYMMETRY: Interdigitate

Schon auf ihrer jüngsten EP “Mission Creep” demonstrierten Felix-Florian Tödtloff und Will Gresson alias The Old Dream Of Symmetry ihre stilistische Ungreifbarkeit und brachten eine Mixtur aus ambienten Klangflächen, verzerrten Noisegitarren, verbummelter Americana und einigem mehr unter einen Hut. Das vor kurzem erschienene Album “Interdigitate” ist aus ähnlichen Materialien gebaut und demonstriert vielleicht noch etwas deutlicher, dass ein solcher Zickzackkurs nicht richtungslos sein muss.

Wie eine bohrende, dröhnende Loop-Migräne stößt der Opener “Citicens of Nowhere” in ein verqueres Niemandsland vor, das auch und v.a. deshalb ein Nichtort ist, weil alls Strukturen und Klangfarben im steten Wechsel begriffen sind. Nur über kurze Strecken, so dass sich Hypnotik einstellt, hält sich die Illusion eines greifbaren Settings. Ohne diesen Auftakt würde man die sonnengeblendeten Gitarrenakkorde in “Terminal Commutor” wohl ganz anders wahrnehmen und selbst die “kosmische” Orgel, die sich bald hinzugesellt, für Realität halten und vom plötztlich lospreschenden Feedback mit seinem Jaulen und Kratzen eiskalt erwischt werden.

Lässt man sich erst auf das Angebot ein, diese Unreliability und die Unsicherheit, die vielleicht stoisch, aber nie kühl abgeklärt in Sound gegossen wird, als die eigentliche Richtung des Albums zu betrachten, erscheinen einem die lauten und leisen, die gefälligen und ungefälligen Passagen beinahe perfekt verwoben: Das mit exotischen Projektionen ebenso wie mit subtilen Spannungsmomenten spielende Hörspielszenario in “Titus”, dessen versönliches Pendant im abschließenden “Am Ende”; der aufs Wesentliche heruntergebrochene (Noise-)Rock in “Hello Brother” und die auf ganz unterschiedliche Art lodernde und prasselnde Dröhnung in “Iris” und “Sometimes he was up”; der gelöste Fingerstyle in “Cliffhaven”, der wie ein skizzenhafter Entwurf zu etwas Größerem wirkt, das die Platte vielleicht aus der Balance gebracht hätte?

Es durchweht dieses Album ein Gefühl der Intimität, das wie eine Reminiszenz an persönlich erlebtes amutet, und das man leicht übergehen kann und das so umso deutlicher aufscheint, wenn es das denn tut. Laut Linernotes spielte der Verlust von Freunden und Familienangehörigen der Musiker eine Rolle bei der Entstehung des Albums, ebenso einige der verstörenden Zeitereignisse der letzten Jahre – Terror, Katastrophen, politische Irrwege… Dies in einer keineswegs brachialen Musik spürbar zu machen, ist eine der großen Stärken des Albums. (U.S.)

Label: Econore