Es gibt nicht viele Veröffentlichungen von Sorry For Laughing, und doch muss man an die vierzig Jahre in die Vergangenheit reisen, um zu den Ursprüngen des Projektes um den Amerikaner Gordon H. Whitlow vorzudringen. Dieser war in den frühen 80ern Mitglied bei dem multimedialen Avantgarde-Kollektiv Mnemonist Orchestra, das auch unter dem Namen Biota schwindelerregende surreale Soundscapes kreierte. Die Musik dieser Projekte hätte sowohl in ihrer lärmenden als auch in der etwas “akustischeren” Ausprägung das Zeug dazu gehabt, ein etwas klassischeres und stellenweise proglastigeres Pendant zu Controlled Bleeding zu werden, doch der Lauf der Dinge wollte es, dass das Kollektiv ein Geheimtipp für ein relativ überschaubares Publikum wurde. Dies galt auch für Whitlows Solodebüt, das er 1986 unter dem Namen Sorry For Laughing herausbrachte.
Viele stuften das Projekt damals, dessen Name an Josef K und Propaganda denken lässt, als kurzlebig ein, denn nach dem Tape-Debüt „Jesus Wept“, widmete Whitlow sich zunächst wieder anderen Dingen. Nachdem Klanggalerie das remasterte Album vor einigen Jahren auf CD zugänglich machte, belebte Whitlow das Projekt jedoch neu und hat mit einigen illustren Gästen – neben Janet Feder, Patrick Q. Wright und Kiyoharu Kuwayama auch Martyn Bates (Eyeless in Gaza, 12000 Days) und Edward Ka-Spel (Legendary Pink Dots) – ein fantastisches Album namens „See it Alone“ auf die Beine gebracht, auf dem Whitlow und Freunde sich von ihrer feinsinnigen Seite zeigen.
Was als meliertes, leicht kratziges Dröhnen beginnt, entpuppt sich schnell als Sammlung großartiger Antihymnen, deren filmtaugliche Substanz aus Orgeln, Streichern, Piano und einigem mehr von den zwei Sängern mit den alterslosen Stimmen in eingängiges Songmaterial verwandelt wird. Was beeindruckt, ist die Bandbreite an Kolorit: „A Howl In The Park“ ist ein auf simplen Tonfolgen mit E-Piano und Hammondorgel basierendes Stück mit einer seltsam wehmütigen Jahrmarkts-Atmosphäre, zu der Ka-Spel mit seiner sanften, immer leicht verschlafen wirkenden Stimme anrührende Verse über das Hadern zum besten gibt. „The Necessity of Good Timing“ steigert all das noch, wenn der Sänger mehr als eine Brise Sarkasmus in Text und Gesang packt, während man im Hintergrund Kinderstimmen zu hören meint. Eine deutliche Spannung durchzieht den Song und macht ihn zu einem der Hits des Albums.
Dicke Register werden in „Fountain of Snow“ mit wehmütigen Streichern und einem flauschigen Harmoniumdrone gezogen – ein kammermusikalisches Szenario, in die sich Bates’ für seine Verhältnisse tiefer Gesang wunderbar einfügt und das gut zu einem Film mit animierten Kinderbuchillustrationen passen würde. Weitere tolle Auftritte hat Bates in „Fate Stars“, dessen Instrumentalspuren wie um seinen melancholischen Gesang gebaut scheinen, und im verhuscht exaltierten “Enter the Gates”, doch der Höhepunkt des Albums ist „Seven Stormy Oceans“, in dem beide Sänger zu hören sind, ein von Wind und Wolkenbrüchen durchpeitschtes Sea Shanty der surrealen und vor allem mitreißenden Art.
Inmitten einiger dieser Songs, deutlicher aber in den weitgehend instrumental gehaltenen Zwischenspielen, treten für Momente die einzelnen Instrumente ins Zentrum des Geschehens und werden zu Spielzeug, das die kindliche Seite dieser Musik noch einmal unterstreicht. In solchen Momenten verlässt dann auch Whitlow sein Regiepult und tritt in den vorderen Bühnenbereich, wo man ihn als alles andere als eine graue Eminenz erkennt. Diese diffuse und doch deutlich spürbare Handschrift unterschiedet ihn auch von manchen Kollegen, die berühmtere Gäste auf ihre Alben einladen, um ihre oft nicht so spektakuläre Musik aufzuhübschen. In einem Halbsatz: Tolles Comeback und hoffentlich erst der Auftakt zu einem neuen Kapitel. (U.S.)
Label: Klanggalerie