Wenn man sich frühe Aufnahmen von Drekka anhört, fällt mit einiger Verwunderung auf, wie diffus die damaligen Wegweiser noch in alle möglichen Richtungen deuteten. Michael Andersons Projekt hätte sich, um nur eine Möglichkeit zu nennen, ebenso sehr zu einer neofolkig angehauchten Post Punk-Kapelle entwickeln können, wie zu dem rituell-ambienten Soundartptrojekt, als das Drekka heute allgemein gilt.
Das kürzlich digital wieder zugänglich gemachte “Grieve” ist die erste längere Veröffentlichung Drekkas und erschien im Sommer 1996. Die einzelnen Stücke sind nur lakonisch nach ihren “klangmateriellen” Schwerpunkten benannt und tragen Titel wie “Instrumental”, “Acoustic”, “Vocal” oder “Tonal”.
Im ersten, fast zehnminütigen Instrumentalstück bleibt noch recht offen, in welche Richtung die Reise gehen soll: Prasselnder Regen trifft auf entspanntes Gitarrenpicking, Elektronisches und ein gesampletes Telefon eröffnen weitere Horizonte, bis harmonisches Dröhnen – alles relativ lofi – in den zentralen Part überleiten, und der bietet Schrammelgitarren mit Neofolk-Pathos in Reinkultur. Die gezuptfe Gitarre ist ein Leitmotiv des Albums und durchaus wandelbar, mutiert bisweilen zu einem fast perkussiv angeschlagenen Instrument um nur kurz darauf ein ganzes Stück mit all seinem Rauschen und Rumpeln und Dröhnen in eine Grunge-Ballade zu verwandeln.
Die abstrakteren, soundorientierteren Komponenten, mit denen man Drekka später asoziieren sollte, kommen jedoch ebenso zum Zug, rauschen wie endzeitlicher Wind über agoraphobische Landschaften, lassen durch subtile Andeutungen Großes imaginieren, wandeln sich zu infernalischem Lärm, schlucken einfache Takte und grummelige Spoken Words, die so wie ein Echo aus einem versteckten Punk’n'Wave-Keller klingen, lassen dumpfes Grollen auf düsteres Gemurmel treffen, bei dem man sich beinahe in Novy Svets “Rumorarmonio” oder “Faccia a Faccia” wähnt.
“Grieve” ist ein Album, das Aufschluss über den Werdegang Drekkas gibt und so auch neuere Aufnahmen mit anderen Ohren hören lässt. Es ist aber auch in all seinem Demo-Charme ein durchaus emotionales Album geworden – laut Liner Notes fiel seine Aufnahme zeitlich mit dem Tod eines engen Freundes zusammen, dem die Reissue dann auch gewidmet ist. (A. Kaudaht)
Label: Bluesanct