Wenn die Neuseeländer Ov Pain gleich zu Beginn von “The Churning Blue of Noon” eine hypnotisierende Stimmung heraufbeschwören, dann ist diese, trotz der sanften Dröhnung und der verspielten Glöckchen, weniger von einer einschläfernden, sondern von elektrisierender Art. Deutlich spürt man eine versteckte Unruhe und Spannung in dem auf den ersten Eindruck so einlullenden Klangteppich, ein Gefühl starken Begehrens, wenn der Sound immer mehr zu einem Sog wird und den Hörer an einen unbekannten Ort zieht.
Ov Pain ist eine noch relativ junge Band von der anderen Seite des Globus, die vor gut vier Jahren mit einem unterkühlt-sauberen Wave-Album auf die Bühne trat. Wie so oft, wenn Bands kurz nach dem Debüt in ihre eigentliche Orientierungsphase treten, streckten Renee Barrance und Tim Player ihre Fühler zunächst in die unterschiedlichsten Richtungen aus, entdeckten die Vorteile der Improvisation und den Reiz wärmerer Klänge, und als Rezensent könnte man leicht der Versuchung des Termdroppings um Psychedelic, Freejazz und weitere Begriffe verfallen oder an die Swans mit Jarboe, an Velvet Underground oder an Boyd Rice’ Neofolk-Alben erinnern.
Doch das würde nur davon abhalten, sich auf die Musik einzulassen und ihre Alleinstellungsmerkmale in Augenschein zu nehmen. Eines davon ist der Eindruck eines subtil inszenierten Widerstreits zwischen Schönheit und Destruktion, zwischen Geborgenheit und einem abgeklärten Gefühl, in einer von Gefahr und Desillusionierung gezeichneten Welt zu leben. Kurz bevor der von Cormack McCarthy inspirierte Opener “Meanness in the Least of Creatures” in einen knarrenden Gitarrensong mit shoegazig nach hinten gemischtem Gesang übergeht, zeichnet ein schalmeiartiger Sound, der sich bald als Saxophon offenbart, klecksige Striche durchs Bild, verbreitet Unruhe, doch eine im Dröhnen versteckte Melodie, in der man immer wieder so etwas wie Trost heraushören kann, stellt sich dem entgegen. Auch im looplastigen “Wind of Sorrow”, dessen hintergründiges Rasseln und Rumpeln an einen Svankmejer-Film mit Xenakis-Score denken lässt, zerfetzt das Saxophon den lieblich barocken Auftakt – ein Widerstreit, den die feierliche Rezitation wie ein griechischer Chor kommentiert, und den man immer wieder auch in den Texten wiederfindet.
“The Churning Blue of Noon” hat reißerische, fast angestrengt infernalische Momente, allem anderen voran sicher das von martialischen Pauken und spannungsvoll raschelnden Becken eingeleitete “Ever the Twain Shall Chafe”, obwohl der betont abgeklärte Sermon über die Unerbittlichkeit des Daseins (ärger noch im ersten Teil des anrührend wabernden “Ritual in the Dark”) auf Dauer schon etwas zudringlich wirken kann. Neben diesen eher dröhnenden Soundscapes haben Ov Pain durchaus eine talentierte Hand für solide Songs.
“Excess and Expenditure” mit Renees Gesang wirkt wie eine melancholische und gleichsam kämpferische Hymne mit dem einen oder anderen dramatischen Tusch, angesungen gegen einen rauen sandigen Wind, und würde auf einer große Bühne keine schlechte Figur machen. Nichts weniger lässt sich vom noch ohrwurmartigeren “Daytripping” sagen, und übrhaupt könnte ich mir vorstellen, dass man von Ov Pain, wie imemr sich ihr Stil noch entfalten mag, in der Zukunft noch mehr hören wird. (U.S.)
Label: It Records