FOSIL SANGIRAN: Khayan Kuno

Unter dem Namen Fosil Sangiran produzierte der amerikanische Musiker und Wissenschaftler Matt Shoemaker eine Reihe an Arbeiten, die auf in Indonesien gesampleten Sounds basieren und über zahlreiche Kassetten ihren Weg in feinsinnig gestaltete Soundkollagen fanden und so letztlich auf dem vorliegenden Tape landeten. Sangiran ist der Name einer archäologischen Fundstätte in Java, wo Forscher einige der ältesten menschlichen Funde außerhalb Afrikas unter dem Dschungeldickicht entdeckten. Für Shoemaker eignete sich der Ort und seine Geschichte auch als Metapher für die verborgenen Schichten und Geschichten, die auch seinen Kompositionen zugrundeliegen.

Die erste der beiden knapp zwanzigminütigen Tapeseiten beginnt mit hellem Rauschen, subtil und dezent, obwohl sich schon recht früh, begleitet von unterschwelligen Rhythmen, ein deutliches Pathos abzeichnet. Das coole Sounddesign, das die Musik derart verweht präsentiert, als sei sie eben dabei, sich selbst wegzuscheuern, beeindruckt besonders und lässt Raum für Lärm in Form verfremdeter Vogelstimmen und dumpf brummenden Motoren, und wenn zwischendrin etwas wie ein Theremin eiert, ist der Übergang zum atonalen Quietschein nicht weit. Auf den ersten Eindruck offenbart der zweite Track einen anderen Charakter, entspannte Takte in gedubbtem Reverb trotten slalom durch einen weiten Raum, doch auch hier zeigt sich die stets wandlbare Beschaffenheit des Soundmaterials, das sich im Volumen langsam auf einen wachrüttelnden Höhepunkt hin steigert. Dort ist natürlich längst nicht alles gesagt, mahlende, schleifende Drones winden sich kantig und obertonlasig aus den tieferen Schichten und verschmelzen mit dumpfen Beats zu einem immer wandelbaren Sound, der irgendwann den ganzen Raum füllt.

Fosil Sangirans “Khayan Kuno” ist ein beeindruckendes Vermächtnis des im letzten Jahr jung verstorbenen Künstlers, und hoffentlich nicht das letzte, das posthum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Alle Einnahmen aus dem Verkauf des Tapes werden von Shoemakers Familie dem Jack Straw Cultural Center in Seattle zugeführt, das sich der Förderung von klangorientierten Musik- und Multimedia-Arbeiten widmet. (A. Kaudaht)

Label: The Helen Scarsdale Agency