THE POND: RE-Works

Im vorigen Herbst veröffentlichten Elisabetta Lanfredini und Nicolas Wiese alias The Pond ihre Albumdebüt “Turchesi Miracolosi“, eine stimmige Überblendung und Verschmelzung elektroakustischer Schauplätze mit einer Stimmperformance, die ein ganzes Füllhorn an kreativen Ideen verwirklicht hat. Von “einer Stimme, die mal ganz naturbelassen, meist aber in verschiedenen Graden der Bearbeitung ganz unterschiedliche Gestalten annimmt und immer wieder auf vielfältige Weise mit sich selbst in Dialog tritt”, war auf diesen Seiten die Rede, ferner von einer Geschichte, “die sich mit der Zeit durch erneutes Aufgreifen und Verändern verschiedener Motive entfaltet”.

Vor kurzem ist eine zweite Version des Albums erschienen, auf der ganze vierzehn Acts, alle aus Bereichen wie Improvisation, Klangkunst, Elektroakustik etc, einzelnen Stücken nachgespürt und diesen eigene Interpretationen zur Seite gestellt haben. Einige altbekannte Namen sind dabei.

Horst Petersen alias Jetzmann, der den Auftakt übernimmt, zerlegt das verwehte Hauchen, die mit leichter Melodik angereicherte Rezitation und die kleinen perkussiven Unebenheiten des Openers “Linger” in beinahe hastig aufblitzende Fragmente, die wie die gerade noch sicht- und hörbaren Spitzen eines halbversunkenen Objektes anmuten, dessen volle Beschaffenheit durchgehend ahnbar ist. Heidrun Schramms Interpretation gibt demselben Stück ein eher fließendes Narrativ, während eine regelmäßig erklingende Triangel oder Glocke wie beim Beginn einer Meditation jeder Entspannung entgegen wirkt und dem Fragezeichen hinter dem Titel des Remixes Rechnung trägt, denn “lingering” geht es hier in der Tat weniger zu. Auch Ferdinand Breil hat sich dem Track angenommen – hier steht die Stimmperformance für einige Momente viel exponierter im Raum, und selbst wenn dieser sich füllt, betont seine Version eine Entrücktheit, die man in anderen Variationen des Themenkomplexes überhören könnte.

Aus den beiden kurzen Improvisationen mit Stimme und von Stimme generierter Perkussion zaubern mise_en_scene, JD Zazie und Korhan Erel jeweils dramatischere und hektischere Versonen, die den dunkel und bedrohlich anmutenden Zug des Originals noch einmal besonders betonen, v.a. bei Zazies Version empfehlen sich Kopfhörer oder gut im Raum plazierte Lautsprecher. Die Handlung des von Gesang und kommentierendem Vortrag vorangetriebene “White Man Talkin’ Low” verlegt das Duo Daniela Fromberg und Stefan Roigk in einen sonoren Irrgarten, in dem man durch eine Fülle undefinierbarer Objekte schwebt. Die leicht liturgisch anmutende Vervielfältigung von Lanfredinis Stimme zu einem Chor in “Cavalleresco” tritt in Cedrik Fermonts Version stärker zutage, während die metallisch klingenden Sounds in der Mitte des Tracks ein elektrifiziertes Foregrounding erfahren. Ganz anders geartet dagegen die beiden komprimierten Versionen von ЯE89 und [-Hyph-] zum opulenten und zugleich feinsinnigene “Salome”, das den Schlusspunkt des Albums bildete.

Asmus Tietchens fasst Motive des Albums – eventuell aus “Linger”? – zu einem komprimierten, vielfarbigen Strahl namens “Halbchor”, in dem man die verlangsamte Stimme Lanfredinis und einiges mehr noch raushören kann. Ein eher raues und gleichsam Schrilles Spiel mit dem Tempo und anderen Effekten findet sich im Beitrag des Berliner Klangkünstlers Rrill Bell, während Laura Mello Lanfredinis Stimme wie kurze Blitze in einem perkussiven Geprassel aufschreien lässt. Ganz auf elektrifiziertem Fiepen und Brummen und einigen Perkussions-Salven baut der Beitrag von Ditterich von Euler-Donnersperg auf, in welchem nur wenig zu hören ist, das auf den ersten Eindruck nach einer Stimme klingt. Daher heißt es wohl auch “Ist kein Frauenjammer mehr in der Welt”, doch in Wahrheit treibt es nur eine Seite der wundersamen Türkise besonders weit, nämlich die Umfunktionierung von Stimme in Rhythmus und reinen Klang.

Was die “RE-Works” auch für Freunde des Debüts interessant macht, ist dass man bei aller Vielfalt der Bearbeitungsansätze die wunderbaren Türkise in ihren vertrauten Farbtönen stets als verbindendes Element durchschimmern sieht und so gleichsam noch einmal ganz anders erfahren kann. Die Einnahmen gehen übrigens an die internationale NGO Save the Children, die sich in 122 Ländern um durch Kriege, Hunger und andere Notlagen bedrohte Kinder kümmert (U.S.)

Label: Syrphe