Hinter dem Titel “What Happens at Night”, der mit etwas Fantasie an einen Thriller erinnert, verbirgt sich eine Musik, die ganz dem Vergehen der Zeit gewidmet ist und der Frage, was in einer wann auch immer beginnenden Zukunft von unserer Lebensform bleiben wird. Die Klangkünstlerin Jana Irmert zeichnet die Postexistenz des Menschen als kleine Sedimentschicht auf Felsgestein und hat für die vielfältig bearbeiteten Soundscapes der zwischen EP und LP ausgedehnten Arbeit einiges an Field Recordings aus diesem Bereich verarbeitet.
Bei diesem Hintergrund verwundert es, wie belebt und ereignisreich die Schauplätze auf “What Happens at Night” letztlich sind, und selbst die durch den Titel aufgenommene Assoziation zu einem Thrillerstoff ruft sich in Erinnerung, wenn mysteriöses Rauschen und ein an nächtliche Urwaldtiere erinnernde Sound den Opener “Particles” einleiten. Rhythmische Downtempo-Elektronik kommt hinzu und nimmt einen mit auf eine langsame Pirsch durch von Wind und Regen durchtostes Gebüsch.
Aufgrund zahlreicher gesampleter Sounds, die auf ihre jeweilige Art Bewegung inszenieren, bekommen die einzelnen Abschnitte nicht nur einen hörspielartigen Zug, sondern auch eine starke subtile Spannung: In “Ashes” ist es die Illusion von Schritten im Unterholz und von merkwürdigem Rasseln und Hantieren, in “Dust is the Rust of Time” aufgewühltes Hecheln wie bei einer Flucht, deren Richtung ungewiss bleibt. “Musikalischere” Komponenten wie dunkle, spannungsgeladene Dröhnung bringt weitere atmosphärische Facetten ins Bild.
Im abschließenden “Stratum” kommt es zu den dramatischsten Eruptionen, wenn fast martialische Detonationen eine Kulisse aus atemlosem Hecheln und dem Toben der Gezeiten noch mehr aufpeitschen. Doch die heftigen Noisegeschosse entpuppen sich als ein letztes Aufbäumen einer Dramatik, aus der sich ein fast anrührend schöner Abspann herauskristallisiert, bei dem all die durchlebten Erignisse noch einmal wie eine längst genannte Gefahr vorbeiziehen.
Label: Fabrique Records