SARAH MAISON: Soleils

“Devant mes yeux joie et tristesse mélangent” – “vor meinen Augen vermischen sich Freude und Traurigkeit” – heißt es in einem der Songs auf Sarah Maisons aktueller EP “Soleils”, und der Satz könnte fast so etwas wie ein Motto ihrer Musik im Allgemeinen, besonders aber der fünf Songs auf diesem vor einigen Monaten erschienenen Mini-Album sein, das die Wehmut der Erinnerung, die bunten Bilder, den Himmel und immer wieder alle Sonnen im Universum feiert.

Lesern unserer Seiten mag der Name Sarah Maison vielleicht bekannt vorkommen, denn vor acht Jahren wurde ihre Song “Enchante” erwähnt, ein spärlich instrumentierter akustischer Chanson, der sich auf ein Album der legendären Nick Grey and the Random Orchestra geschlichen hatte. Inzwischen ist Sarah viel bekannter geworden und hat ihren anrührenden französischen Gesang mit einem Instrumentarium vertraut gemacht, dass groovige Elektronik mit arabischen und – damit vielleicht einem Teil ihrer Familie huldigend – nordafrikanischen Einflüssen mischt. Auf “Soleils” spielt ihr Ensemble einiges an Seiten-, Tasten-, Schlag- und Blasinstrumenten und erzeugt dabei Harmonien und Tonalitäten, die klassischen Orientalismus in hochwertige poppige Muster packen.

Es reicht schon aus, dass man wie der Rezensent des Französischen nur halbwegs mächtig ist, um das Anrührende und die Tiefe der melancholisch-euphorischen Verse zu erahnen, in denen Liebe, Wertschätzung und Verbundenheit einer ganz persönlichen Art immer wieder entrückt werden in die Stratosphäre, in die Welt der Sterne, der Sonnen  aber auch der grausamen Meteoriten, eine vielgestaltigen Welt, in der oben und unten in Blicken voller Hoffnung vereint sind.

Vielleicht entspricht es einem subjektiven Fokus, aber in den Arrangements der Musik dringt immer wieder eine Reminiszenz an ein Lebensgefühl der 60er Jahre deutlich in den Vordergrund, die trillernden Flöten in “Les Astres & les éléments” könnten fast aus David McWilliams “Pearly Spencer ” stammen und die orchestrahlen Synthies über besinnlichen Akustikgitarren in “L’Été” hätten einem Charles Aznavour der alten Zeit gut zu Gesicht gestanden. Auch das jugendlich frische “A la clarté de jour” mit seinem selbst Tote zum Tanz animierenden Kastagnetten hat diesen Zug. Getragener und mit seinen Snaredrums so spannend wie die Minuten vor dem Showdown eines Italo-western ist “J’avais Pas Compris”, ein kraftvoller Song über die Zeit. Eine erhebende Ergriffenheit entsteht, wenn Bläser einsetzen und die Musik sich für Momente von ihrer opulentesten Seite zeigt. Irgendwann weht ein starker Wind durch das Setting  und man bemerkt, dass man sich in einem Gegenzoom befindet, von dem aus alles aus der Totalen zu sehen ist.

Im abschließenden Titeltrack, in dem Sarah selbst eine nostalgische Syntiefläche einspielt und mit ihrer Stimme wehmütige Fragezeichen ans Firmament malt, rechnet man fast mit einem eher geerdeten Finale, doch weit gefehlt: zackige Takte und das Rasseln einer Ocean drum heben einen auch hier wieder in ungeahnte Höhen und so werden auch diese abschließenden Minuten zu einer furiosen Karussellfahrt.

“Soleils” ist ein eingängiges kleines Werk und doch eines, auf das man sich ganz einlassen muss, denn die stimmungsvollen Chansons, in denen es stets Tag und Nacht zugleich ist – “il fait jour etnuit en parallele” heißt es an einer weiteren Stelle – entfalten sich nur bei ungeteilter Aufmerksamkeit.

Label: Muzul Productions