The Black Swan Triad, die gemeinsame Band von Grey Malkin, Peter Verwimp und mittlerweile fast einer Handvoll weiterer Musiker, ist wahrscheinlich eine der vielgestaltigsten und reichhaltigsten Gruppen, die den derzeitige Folk- und Ritualkosmos beschallen und schon daher in ihrem Wesen nur bedingt zu begreifen. Ganz allgemein könnte man sagen, dass die Band, deren Debüt ich als “eine furiose Feier der Elemente und der Sinnlichkeit” bezeichnet habe und deren Musik zwischen dunkler, leicht abstrahierter Folksmusik, neoklassisch angehauchten Ambientklängen und tribaler Ekstatik changiert, immer an Formen der Veränderung und Transformation, am Verknüfen von unterschiedlichen Dingen und am Aufbrechen des vermeintlich Homogenen interessiert ist.
Ihr erstes Album trug den Titel “Symbiosis”, für dieses Jahr sind zwei neue namens “Maelstrom” und “Metamorphosis” geplant, ihre Titel verweisen darauf, das nichts bleibt, wie es ist, was man durchaus auch in der Musik der Gruppe wiederfinden kann, denn ihre Formen sind – trotz einer deutlichen Ästhetik des Schönen, die sich u.a. in den Gesangspassagen Menaleahs zeigt – so veränderlich wie Landschaften aus Treibsand. “Maelstrom” ist gerade erschienen, das Album wurde vor einigen Monaten bereits durch eine Single angekündigt, der darauf enthaltene Track “Sunrise” eröffnet in einer anderen Version auch hier den schwindelerregenden Reigen – eine Version, deren sanfter Folksopran und deren glitzernde Schwebekosmik einen aber ebensosehr auf einem fliegenden Teppich durch den Raum tragen.
Das darauf folgende “Eiris” bricht krachend los, transportiert den Wohlklang des Openers aber konstant weiter – allerdings um ihn in einen Strudel aus intensiven Emotionen und Motiven zu schmeißen: Vom Wind verwehter Gesang dessen folkige Ausrichtung (zumindest mich) immer ein wenig an Strawberry Switchblade erinnert, dringt aus verschiedenen Richtungen ins Zentrum des Geschehens, es klingelt und rauscht und alles scheint wie aus einer anderen Dimension zu uns zu dringen, eine röhrende Gitarre kündigt schon etwas an, das über den sanften Wohlklang hinausgeht, leicht krachendes Klirren pflichtet dem bei, doch zunächst bleibt alles – die Vocals, das mediterran anmutende Gitarrenpicking– im sanften Schwebezustand. Dann wird man durch perkussives Pochen aufgeschreckt, doch schon bald wird dies durch Stimmsamples, die seltsames Lachen enthalten, abgelöst, später erschallt Regen und ein bellender Hund feixt um die Ecke. Wo ist man hier, und wo geht die Reise hin? Kommt man aus diesem bisweilen an elektronische Avantgarde und Popol Vuh erinnernden Labyrinth je heraus? Man bleibt da lange im Ungewissen, doch eines ist sicher, nämlich dass man hier an diesem unbestimmten Ort intensive Erfahrungen macht. Das folgende “Gaia” ist ähnlich gestrickt, aber offenbart ein krasseres, furchteinflößenderes Setting und Szenario. Animalisches Geträller, prasselnder Regen, Rumpeln und Zisseln überall und eine ethnolastige Atmosphäre, deren Rauschen und Rasseln und Growlen und an indigene Tänze erinnernde Arrangements auch auf ein Album von Lili Refrain gepasst hätte (vielleicht wäre eine Kollaboration tatsächlich eine interessante Idee?). Sunset beendet das Album mit mehrstimmigem Gesang, der eine tröstende Feierlichkeit offenbart, und die Zyklik von Sonnenaufgang und -untergang passt ganz gut zur Vielfalt des Albums, denn dieses ist tatsächlich so ereignisreich wie ein ganzer Tag.
Viele Projekte mit Grey Malkin haben einen vorchristlich-paganen Grundtenor, der sich – soviel nebenbei – erfreulich von der biederbräßigen Betulichkeit so mancher Neofolker abhebt. Das kann dann aber immer noch vieles bedeuten. Bei Widow’s Weeds steht m. E. der Zyklus der Natur im Zentrum, der hier lediglich den Rahmen bildet, in welchem die Entgrenzung stattfindet, wie sie in der griechischen Tragödie angestrebt wurde (und die hatte, wie es ein walrossbärtiger Pastorensohn lehrte, ja auch ihre Geburt im Geiste der Musik). Vielleicht sind es ja tatsächlich Dionysos und Apoll, die sich hier zusammen in den Maelstrom stürzen und dort ihren immerwährenden Kampf ausfechten. (U.S.)
Label: Reverb Worship