„Songs Of Silence“ erscheint am 17.11. auf Mute Records und es mag überraschen, dass nach mehr als vier Jahrzehnten dies tatsächlich erst das erste Soloalbum von Vince Clarke ist, der in den vergangenen 40 Jahre immer mit anderen Musik gemacht hat, am längsten zusammen mit Andy Bell als Erasure. „Sounds Of Silence“ ist dagegen weit entfernt vom Pop des Duos, wie schon das vorab veröffentlichte “The Lamentations Of Jeremiah” zeigt. Es ist ein rein instrumentales Album, auf dem insgesamt zehn Stücke zu hören sind.
” Die Arbeit an dem Album, das in seinem Heimstudio in New York aufgenommen wurde und mit Fotografien und Artwork des preisgekrönten Magnum-Fotojournalisten Eugene Richards versehen ist, begann als Ablenkung während des Lockdowns, als Chance, sich endlich näher mit den Möglichkeiten von Eurorack-Modulen vertraut zu machen, einem modularen Synthesizer-Format, das für seine süchtig machenden und unbegrenzten Konfigurationen bekannt ist. “Ich hätte ewig weitermachen können, ich hätte nicht aufhören können”, erklärt Clarke, “ich genoss den Prozess so sehr und dachte nicht daran, dass jemand anderes es hören könnte. Aber zu hören, wie es sich in meinem Studio entwickelt, in meinem Kopf, neue Tricks zu lernen – das war das Beste an der ganzen Sache. Ich war wirklich geschockt, als Mute sagte, dass sie dieses Album veröffentlichen wollen.”
Allein im Studio stellte Clarke zwei Regeln auf: Erstens, dass die Klänge, die er für das Album erzeugte, ausschließlich von Eurorack stammen sollten, und zweitens, dass jeder Track auf einer einzigen Note basieren und eine einzige Tonart durchgehend beibehalten sollte. “Niemand in meinem Haushalt interessiert sich sonderlich dafür, was ich im Studio treibe”, sagt Vince. “Sogar die Katze ist nach etwa einer Stunde Drones weggegangen”.
Die Grundstimmung des Albums ist die einer synthetisch erzeugten kosmische Entrücktheit, die immer wieder von starken Interventionen unterbrochen wird, die an die menschliche Hand erinnern, die inmitten dieser Maschinerie am Werk ist – ein verschlüsseltes Sample, das wie ein verzweifelter Funkspruch eines Kampfpiloten klingt, die wortlosen opernhaften Beiträge von Caroline Joy, das sägende Schwefelgeräusch des Cellos des Komponisten Reed Hays auf “The Lamentations of Jeremiah” und das Herzstück des Albums, das sich um das Anti-Scab-Volkslied “Blackleg Miner” aus dem Jahr 1844 dreht und von dort in die Gegenwart resoniert.
An anderer Stelle des Albums manifestieren sich unerbittliche Sequenzer-Muster oder sich schrittweise beschleunigende Moog-Drones, die auf glitzernde Synth-Tröpfchen und anschwellende Gitarrenwände treffen.
Vince Clarke begnügt sich nicht damit, sich auf seinem beachtlichen Pop-Erbe auszuruhen, sondern hat stattdessen für sich selbst – und für uns – aufregende neue elektronische Perspektiven eröffnet, in denen die Permutationen und Möglichkeiten grenzenlos sind, wie Clarke erklärt. “The infinite shades of sounds you can create with just the tiniest tweak of a knob or slider continues to fascinate me”, sagt er. Und fügt an: “All tracks are having a sense of sadness, of things going bad, things crumbling”.