VILHELM BROMANDER: In this forever unfolding moment

Der wabernde Klangteppich einer indischen Tampura entfaltet sich in reizvoller Unregelmäßigkeit über mehrere Minuten und verwebt sich mit der Stimme einer Sängerin zu einem Zopf, und wenig könnte einen Titel wie “In this forever unfolding moment” besser illustrieren als dieser Auftakt des Openers. Ungemein kraftvoll und feierlich geht es zu, wenn irgendwann nach über sechs Minuten Piano und andere Instrumente einsetzen. Kraftvolle Bläser dringen prattelnd in die anfangs meditative Stimmung und lassen einen vielgestaltigen Schauplatz entstehen.

“In this forever unfolding moment” ist der aktuelle Longplayer von Vilhelm Bromander, einem der derzeit versiertesten Bandleader und seit Jahren ein renommierter Kontrabassist, dessen furiose Hommage an Pharoah Sanders und die Single “Coda” wir bereits vorgestellt haben. Für das Album, das bereits vor einigen Monaten erschienen ist, hat er ein größeres Ensemble aus Jazz- und improvisationsmusikern meist aus dem Stockholmer Raum zusammengetrommelt. Zusammen mit Ihnen hat er eine Idee von spirituellem Jazz, wie er vor einem halben Jahrhundert von Größen wie John und Alice Coltrane und anderen Freejazz-Pionieren entwickelt wurde, und die heutzutage wenn nicht in Vergessenheit geraten, so doch in ein Wirrwarr verschiedenster Richtungen diffundiert ist.

Nach dem durchweg feierlichen Auftakt geht es im nächsten der drei Stücke, “Låt våra tårar bli våra vapen” (DT. “Lass unsere Tränen unsere Waffen sein”), zunächst recht spannungsvoll zur Sache: Leises Klingeln und Rasseln und dezentes Bassknarren malen subtile Fragezeichen In die Luft, doch nach einigen Minuten, wenn erneut das ganze Ensemble einsetzt, kommt es wieder zu einer berührenden und versöhnlich stimmenden Feierlichkeit, die nicht darunter leidet, dass an der Oberfläche einiges durcheinander gewirbelt wird. Dies ist nur eine sehr oberflächliche dünne Firnis über einem in Wirklichkeit ganz intrikaten Muster. Cinematische Bläser führen das Stück auf einen Höhepunkt zu, auf dem es dann ganz schnell zur treibenden, quietschenden Entgrenzung kommt.

Ein sehr schönes wehmütiges Intro mit Piano und Violine führt in das abschließende, kürzere “Blommor och bröd” (DT. “Blumen und Brot”). Doch auch hier kommt eine rasselnde Dynamik hinein, aber sie vollzieht sich diesmal eher langsam sukzessive, und wenn irgendwann klare Bläserparts die Präsenz der Musik verstärken, ist das schon eine Art Plateau – auch wenn sich von hier aus wieder alles verzweigt und einmal mehr deutlich macht, dass “in this forever unfolding moment” ein Album vielfältiger Möglichkeiten ist. (U.S.)

Label: Thanatosis