Dass der emsige Adam Geoffrey Cole bereits seit einiger Zeit an einem neuen Album seines vor kurzem wiederbelebten Projektes Trappist Afterland arbeitet, hat sich in interessierten Kreisen längst herumgesprochen, und wer seinen Social Media-Profilen folgt, konnte bereits einige Skizzen davon hören: kurze, nur mit Gitarre oder Oud begleitete Exzerpte seines melancholisch eingefärbten Gnostic Folk, der von persönlichen Freuden und Leiderfahrungen der vergangenen Jahre neuen Auftrieb bekommen hatte, und der – ob in üppiger Instrumentierung oder in zurückgenommene Gewandung – niemals an Charisma und Esprit verliert. Man kann dies eigentlich nur auf die Ehrlichkeit seiner künstlerischen Vision zurückführen.
An dem kommenden Album, das den Titel “Evergreen – Walk to Paradise Garden” tragen soll, werden eine ganze Reihe an musikalischen Gästen mitwirken, so die britische Sängerin und Multiinstrumentalistin Angeline Morrison, desweiteren Tali Trow, Tom Warren und einmal mehr Anthony Cornish an verschiedenen Instrumenten, ferner Gitarrist und Sänger Henry Parker, der bereits öfter, z.B. beim Current 93-Auftakt in der Londoner Union Chapel, mit Cole live aufgetreten ist, und nicht zuletzt Landsmann Matt Malone und David Tibet als Gesangspartner. Gerade erscheint als eine Art Auftakt eine zwei Tracks enthaltende Single, bei der dagegen Coles altbekannter Weggefährte, der schottische Klangkünstler und Forscher Grey Malkin, maßgeblich an der Musik beteiligt ist und als zweiter Interpret genannt wird.
Der erste der beiden Songs – “The Squall” – wird in einer anderen Version auch auf dem Album vertreten sein. Die entrückten Gitarrenfiguren und die leisen Töne des leicht nach hinten gemischten Gesangs lassen, vielleicht aufgrund der Tonart und der repetitiven Melodie, eine aufwühlende Stimmung entstehen. In den poetischen Bildern des Textes erzählt Cole von einem Sturm, der ganz überraschend über ein sich verloren fühlendes lyrisches Ich hereinbricht und überall in der Umgebung seine Spuren, seine Abdrücke hinterlässt. In all dem scheint aber auch eine Portion Hoffnung oder gar Zuversicht zu stecken – nicht nur in einem Vers wie “God would not desert me”, denn der merkwürdige, unberechenbare Wind scheint in seinem Bluesgesang auch etwas Befreiendes zu haben. Auch musikalisch hat dieser Song durchaus seine doppelten Böden, enthält bei genauerem Hinhören mit Xylophon, Zither, Bass, Squeezebox und anderen Instrumenten deutlich mehr Klangquellen, als es auf den oberflächlichen Eindruck, der das beschwörende Strumming klar ins Zentrum stellt, scheint, auch die kurz anklingende Kinderstimme scheint dem Ganzen etwas Versönliches zu geben. Das die zweite Seite füllende “Eventide”, das nicht auf dem Album vertreten sein wird und einmal mehr auch die Stimme von Angeline Morrison anklingen lässt, repräsentiert zum einen die mehr entspannte als aufgewühlte Seite von Trappist Afterland, doch es fällt auch weitaus melancholischer aus. Zu den pastoralen Gitarrenfiguren von Cole und Parker und den beruhigenden Klängen von Malkins Piano und Fender Rhodes wird hier eine Elegie auf Vergangenes und verpasste Chancen gesungen, eine Atmosphäre der Verlorenheit der Selbstzweifel entsteht. Am Abend, auf den alles hinsteuert, wartet der von dichteren und lebhafteren Klängen begleitete Moment der reinigenden Entleerung, und vielleicht ist dies ein Abschnitt, der auf der Suche, um die es bei Cole immer wieder geht, durchwandert werden muss.
Im Unterschied zu den zahlreichen früheren Kollaborationen der beiden, die dank Grey Malkins Teilnahme oft elektronischer und von den Kompositionen her abstrahierter ausgefallen sind, ist die Musik auf der vorliegenden Single weit näher am typischen Trappist Afterland-Kosmos, in dem der Schotte im Mix und in dezenten Instrumentalbeiträgen an Piano, Orgel, Xylophon, Percussion und anderem Gerät seine Spuren hinterlassen hat wie der besungene Wind in den Blättern und Wellen. Auch er hat gerade ein neues Album seiner Band The Floating Words herausgebracht, über das auf unseren Seiten ebenso wie über “Evergreen” in Kürze mehr zu erfahren sein wird. (U.S.)