RYAN SHIRLOW / DAVID COLOHAN: 7″

Im vergangenen April kam es zu einer Mondfinsternis, die in Teilen Nordamerikas den Himmel verdunkelte, ein Ereignis, das die beiden sowohl im Folk als auch in experimentierfreudigeren Gefilden beheimateten Musiker Ryan Shirlow und David Colohan zu einer kleinen zweiteiligen Komposition inspirierte. Das Resultat sind zwei intensive, mystisch aufgeladene Tracks, die vor einigen Wochen auf der Single “Through Me, You Pass / Through You, I See” erschienen sind und dazu einladen, sich zwischen Schatten und Licht zu verlieren.

Der erste, die A-Seite füllende Titel startet als schwebender, fast sakraler Klangteppich. Synthesizerklänge formen weiche, chorähnliche Flächen, die sich wie hohe Stimmen anhören, während Streicher die Szenerie subtil ausmalen. Statt traditionellem Gesang trägt ein rezitatives, fast künstliches Vocal-Arrangement die wenigen, doch eindringlichen Zeilen vor: “Through me, you pass/Through you, I see/When we resurface/It won’t be just to breathe”. Ryan Shirlows Stimme verleiht dem Text Tiefe und Ernsthaftigkeit, präsentiert sich ergriffen, aber ohne pathosbeladene Überhöhung. Die Lyrics wirken wie eine Meditation über Verbindung und Transformation, wobei das angesprochene Du im Raum der Interpretation schwebt: Ist es der Mond? Ein Mensch? Oder die Welt selbst?

Die zweite Seite nimmt uns mit in eine ganz andere klangliche Szenerie. Der anfängliche Ambientcharakter ist dunkler, rauer, mit flirrenden Streicherklängen, paukenartige Percussion und gezupfte Banjosaiten verleihen dem Stück eine folksonghafte Qualität, die nach und nach immer lebendiger wird. Die Streicher jauchzen freudig und bittersüß, während das Stück sich zu einem ausgelassenen Finale hin entwickelt. Der Chor kehrt zurück, diesmal euphorisch, jedoch mit einem Hauch von Wehmut, bevor Gitarrenstrumming den Track in einem feierlichen Abschluss erdet.

Während der erste Track introspektiv und meditativ bleibt, explodiert der zweite in einer Art musikalischen Feier und schafft so eine Balance zwischen nachdenklicher Tiefe und lebhafter Energie. Eine Bandcamp-Nutzerin beschreibt treffend: “The music exudes distance and grace of motion. Guitars, synthesizers, strings, banjo, some spoken word, and also choir vocals create a sense of mystery, wonder, and awe”.

Das kleine Release ist eine beeindruckende, vielschichtige Komposition, die gekonnt zwischen Ambient, Folk und einer hörspielartigen Dimension changiert. Die Musiker greifen die Ästhetik einer Mondfinsternis auf und übersetzen sie in eine musikalische Reflexion über Verbundenheit und Erneuerung, die sowohl als kontemplatives Hörerlebnis als auch als Einladung zur Ausgelassenheit zu begeistern weiß.

Label: Fenny Compton