TREMBLE WITH JOY: Born Trembling

Eine Stimme, unprätentiös und gerade deshalb so eindringlich, eröffnet eine mysteriöse Szenerie. Es ist die schottische Dichterin Margaret Tait, deren Worte von einem Licht künden, das längst unerkannt leuchtet und nur darauf wartet gesehen zu werden. Begleitet von einem subtilen Hintergrund aus zirpenden Grillen und einem sanften Dröhnen, entfaltet sich “Where We Are Is Here”, das die erste Seite von Tremble With Joys “Born Trembling” füllende Stück, langsam. Während Taits Stimme nach einigen Sätzen verstummt, gewinnt die Musik an Fülle und entfaltet eine orchestrale Schwere, getragen von rauschenden, dröhnenden Klängen, sanften Schlägen und knarrenden Texturen. Der Track ist ein Geduldsspiel, in dem Veränderungen oft so allmählich geschehen, dass sie oft nur über die volle Dauer von zwanzig Minuten wahrnehmbar werden. Gegen Ende steigert sich die Intensität, die Klänge werden alarmierender, fast infernalisch, bis sie in kreischenden hohen Tönen kulminieren – ein eindrucksvolles und nachhallendes Finale.

Tremble With Joy ist eine experimentelle Supergroup, bestehend aus Cinder (Cindytalk), Michael Anderson (Drekka), Mark Trecka und Michael Carlson. Das vorliegende Debütalbum umfasst zwei umfangreiche, komplementäre Stücke und ist die erste Veröffentlichung einer limitierten CD-Serie des hauseigenen Labels False Walls. Entstanden ist das Projekt durch eine intuitive, schrittweise Zusammenarbeit, die laut Begleittext oft an das Prinzip eines Exquisite Corpse erinnert: Klänge und Ideen wurden zwischen den Mitgliedern ausgetauscht, verfremdet und neu zusammengefügt. Ursprünglich basierten die Stücke auf Treckas Experimenten mit präparierten Klavieren und Tapeloops, die von Anderson und Carlson bearbeitet und schließlich von Cinder weiterentwickelt wurden. Das Ergebnis ist ein Album, das nicht nur atmosphärisch, sondern auch durch seine Spontaneität und über weite Strecken mikrotonal ausgerichtete klangliche Tiefgründigkeit besticht.

Das zweite Stück, “Our Birds Live Fraught With Danger”, beginnt mit hektischem Klappern, das bald von einem pulsierenden, tremolierenden Synthesizer abgelöst wird. Die Grillen des ersten Tracks weichen hier dem Gesang von Vögeln, die eine lichte, fast frühlingshafte Atmosphäre schaffen. Diese Helligkeit steht in reizvollem Kontrast zur sonst eher düsteren und fatalistisch anmutenden Klangwelt. Das Stück zeigt sich dynamischer und wechselhafter als sein Vorgänger: Repetitive Synthesizer-Motive werden ergänzt durch kleine perkussive Detonationen, kreisende Klänge und warme, verhallte Dröhnungen, die bisweilen fast choral anmuten. Immer wieder steigert sich die Intensität, doch der Eindruck bleibt, dass jedes Element wohlüberlegt und präzise arrangiert ist. Trotz aller Wucht und gelegentlicher chaotischer Momente wirken die Strukturen organisch und nicht überkonstruiert. Am Ende löst sich der Klangraum in verrauschte Desolation auf, wobei die Vögel beständig im Hintergrund bleiben. Schließlich verebben die Klänge fast vollständig, und was bleibt, sind Fragmente von Stimmen, Glockentönen und die letzten Spuren des Vogelgesangs.

“Born Trembling” ist ein Album, das tiefe Aufmerksamkeit verlangt und diese letztlich reich belohnt. Es bewegt sich an der Schnittstelle von kontrollierter Komposition und freier Klangforschung und beeindruckt durch seine präzise Balance zwischen Intensität und Zurückhaltung, zweier Komponenten also, die sich imemr wieder herausfordern. Tremble With Joy ist damit ein aufwühlendes Debüt gelungen, von dem man durchaus eine Fortsetzung wünschen darf. (U.S.)

Label: False Walls