Auf “Imaginary Crisis” erkundet der iranische Klangkünstler Arshan Najafi die Grenzen und Überlappungsbereiche zwischen Tönen, Geräuschen und Stille mit einem experimentierfreudigen Ansatz, der traditionelle Instrumente in ungewohnte Zusammenhänge stellt. Jedes Stück ist das Ergebnis einer intensiven Auseinandersetzung mit den klanglichen Möglichkeiten von Synthies, Streich- und Tasteninstrumenten sowie deren elektronischer Verarbeitung, dabei werden klassische Spielweisen mit Elementen der Musique Concrète kombiniert, wodurch sich eine oft spröde, teils schrille, aber immer detailreiche Klangstruktur entfaltet.
Bereits zu Beginn dominieren unruhige, raue Sounds das Bild. Der Track “Sine-Tom” arbeitet mit verzerrtem Synthiesounds und stockenden Rhythmen, die sich langsam verdichten. “Breath, Whistle and Wind” steigert diese rastlose Atmosphäre durch schrille, schleifende Klänge, die sich zumindest dem Anschein nach den Grenzen des Hörbaren annähern. In “Dangling Santour” tritt das namensgebende, dem Psalterium verwandte Instrument nur fragmentarisch hervor – sein heller, metallener Klang ist eingebettet in ein kratzige Details, hölzernes Rattern und eine düster-gleitende Kulisse.
Najafi setzt auch auf unkonventionelle Instrumentaltechniken: “Strangled Piano”, das gegen Ende eine “klassische” Minute enthält, öffnet den Klavierkasten und spielt mit perkussiv bearbeiteten Saiten und fein abgestimmten klanglichen Übergängen, während “Kamancheh on Noise” das auf den Knien gespielte iranische Streichinstrument und seine charakteristischen Drehbewegungen mal deutlich hörbar, mal fast bis zur Unkenntlichkeit verfremdet präsentiert. Oft brechen plötzliche Wendungen aus dem geräuschhaften Setting heraus und verleihen den Stücken eine unerwartete Dynamik.
Das Album wirkt wie eine Sammlung akustischer Studien, in denen jeder Klang bewusst platziert wird. Stille und Geräusch stehen gleichberechtigt nebeneinander, während sich vertraute Instrumente in rohes Material für Soundexperimente verwandeln. Dabei entstehen Stücke, die sich jeder klaren Kategorisierung entziehen, sondern vielmehr zwischen Strukturiertem und Freiem oszillieren, mal zurückhaltend minimalistisch, mal überwältigend und intensiv. (U.S.)
Label: Noise Works