THE RIGHT HAND IS DOOMED TO BLACKEN: Greenbridge 12.11.24

Mit “Greenbridge 12.11.24″ legt das multinationale Trio The Right Hand Is Doomed to Blacken – bestehend aus dem Australier Michael Plater sowie den beiden Europäern Massimiliano Gallo und Tasos Koromilas – ein Live-Debüt vor, das sich zwischen melancholischem Songwriting, experimenteller Elektronik und cinematischer Dichte bewegt. Das Album entstand im Rahmen einer Improvisationsperformance während Platers Residency im griechischen Kunstzentrum Greenbridge und dokumentiert eine einmalige musikalische Begegnung, die sich in drei unterschiedlich langen Stücken manifestiert.

Bereits das eröffnende “Spiral” spielt mit Brüchen: Ein zurückgenommenes, molllastiges Klavier evoziert den Eindruck eines nachdenklichen Kunstlieds, während schwebende Synthesizerlinien aus der frühen elektronischen Avantgarde hinzutreten – nicht retro, sondern wie eine Erinnerung an eine Form des Suchens. Platers dunkle Stimme trägt eine gewisse Erschöpftheit in sich, die in ihrer Mischung aus lakonischer Weltabgewandtheit und feierlicher Größe auch an australische Traditionen (Hugo Race, Nick Cave) denken lässt. Was als sanftes Trauerspiel beginnt, entwickelt sich unmerklich zu einem Strudel aus Sound, in dem sich Elektronik, Stimme und Harmonien zunehmend verdichten – ohne jemals ganz die Kontrolle zu verlieren. “Antipodes”, eventuell den drei Bandmitgliedern selbst gewidmet, ist direkter, aufgewühlter, mit gezupften Saiten, sich verschiebenden Geschwindigkeiten und einem Spiel mit Kontrasten. Während der Vortrag eine fast rezitative Form annimmt, tritt das Klavier erneut als ordnendes Element auf. Die atmosphärische Spannung wird hier durch das Nebeneinander von Fremdheit und Schönheit erzeugt, besonders deutlich in der Violine, die sich der dramatischen Dunkelheit nicht beugt, sondern ihr eine kontastierende Lieblichkeit entgegensetzt.

Im abschließenden “We Gather The Fragments” schließlich kommt die Stärke des Ensembles in vollem Umfang zum Tragen. Über knapp dreißig Minuten entfaltet sich ein soundscapiger Strom, der zwischen pulsierender Kraut-Elektronik, nostalgisch-melodischen Einschüben und stellenweise eruptivem Lärm changiert. Dabei liegt dem Stück eine langsame, aber stetige Spannung zugrunde, in der sich sowohl Müdigkeit als auch ein elektrisierendes Wachsein spiegeln. Die Strukturen bleiben offen, wiederkehrende Motive tauchen in veränderter Gestalt auf und ergeben eine subtile episodische Dramaturgie. Gerade die langen Passagen, in denen sich krautige Kreisbewegungen mit tiefem Synthie-Fiepen verbinden, geben dem Stück einen eigentümlichen Sog, der im Live-Kontext noch deutlicher spürbar gewesen sein dürfte. Genau auf den wäre ich ebenso gespannt wie auf ein Studioalbum des Trios, dessen Kariere gerade erst begonnen hat.

“Greenbridge 12.11.24″ ist kein Album, das primär auf deutliche, rational greifbare Statements setzt, weit mehr noch lebt es vom Wechselspiel aus Zurückhaltung und Überlagerung, aus kunstvoller Distanz und emotionaler Tiefe. Es ist ein Werk, das durch seine improvisierte Entstehung eine Offenheit bewahrt, die dem Zuhören Raum lässt – auch für Fragmente, die sich vielleicht nie ganz fügen wollen. (U.S.)

Label: Cruel Nature Records