Man kann Tomasz Twardawa alias Genetic Transmission als vielleicht etwas späte, aber durchaus würdige polnische Antwort auf Acts wie De Fabriek und Vivenza betrachten, deren Musik den Begriff des Industrial nicht nur in gesellschaftsbezogener, sondern auch in klanglicher Hinsicht ernst nahmen: Das Maschinelle, die verinnerlichte und bis in die Traumsphäre hineinreichende akustische Kombination aus Metall und Stein, das Echo von Platten, Stangen, Riemen und Federn zieht sich wie ein graubrauner leitmotivischer Faden durch die Arbeiten des seit Mitte der 90er arbeitenden Musikers und schlägt sich auch in dessen Kollaborationen nieder.
Zoharum ist seit einiger Zeit dabei, den Backcatalogue von Genetic Transmission erneut zugänglich zu machen und bezieht Zusammenarbeiten mit ein. Auf “Collaboration 1″ arbeitete Twardawa mit dem bislang außerhalb Polens weniger bekannten Rafal Sadej alias Moan in Mailart-Manier, indem beide am Fließband Soundfragmente erstellten und sich diese zur freien Bearbeitung zuschickten, bis alles in einem finalen Mix verrührt wurde. Letztlich dominierte aber doch in jedem der Stücke die Handschrift eines der beiden Musiker, so dass die Tracks dann jeweils nur einen Urheber bekommen sollten.
Die unter Genentic Transmission firmierenden Stücke, es sind ihrer drei, eröffnen mit unregelmäßigem Hämmern oder kreisendem Schaben ein Panorama an Arbeitsgeräuschen, die jedesmal ein originelles plastisches, doch jedesmal auch cinematich anmutendes Szenario für sich bilden. Oft zurückhaltend vom Tempo, was der Exponiertheit der einzelnen Klänge und so auch der Atmosphärik entgegen kommt, entfaltet sich jedesmal ein wahres Sammelsurium kleiner Geräusche, es zirpt, federt, rasselt, schabt, reibt, brummt, darunter bleibt vieles leise und subtil, hervor stechen vibrierende Tremolo-Soundeffekte, wie sie bspw. auch ein NWW-Fan mag. Der Schwerpunkt an Sounds ändert sich immer wieder, was die Soundkollagen in Bewegung hält, gelegentliche Tempowechel und v.a. kleine, aufschreckende Stakkato-Sounds untermauern den Effekt.
Die Kunst von Moan besteht hier eher in der Kreation äußerst harmonischer Ambient-Hüllen, die er dann mit vielen kleinen Soundschnipseln, die dem Charakter nach dann von GT kommen. Gerät dies in dem ersten unter seinem Namen laufenden Track noch so creepy wie ein Horrorhörspiel, so entfacht das ultralangsame Auf- und Abebben der Flächen im zweiten Stück, trotz mysteriöser Schritte, eine sehr angenehme Schönheit. Auf die Intensivierung von Fülle und Spannung wartet man dem Charakter des Stücks entsprechend zwar etwas länger, aber sie kommt: Viele kleine, unaufgeräumte Details digitaler und gesampleter Herkunft füllen den Rahmen, Rhythmen deuten sich an und versigen wieder – der fließende, flächige Ambientrahmen bleibt gewahrt, doch auf der Binnenebene gibt es keinen Halt, und nach einem abrupten Bruch beginnt die Geschichte von neuem und endet ein weiteres mal im hektischen Tumult.
Die Arbeit erschien vor nunmehr vierzehn Jahren auf einer seit langem vergriffenen CDR und ist nun zweihundertmal in einem chicen Ecopack und natürlich auch zum Download zu bekommen. (U.S.)
Label: Zoharum