Jibóia ist keine eigenwillige Schreibweise des Tokyoter Stadtteils Shibuya, sondern die portugiesische Bezeichnung für die Boa Constrictor. Unter dem Namen hat der Gitarrist und Komponist Óscar Silva schon mehrfach verschiedene Kollegen zusammengetrommelt und aus Beiträgen aller Beteiligten einige improvisierte Alben auf die Beine gebracht.
“OOOO” ist nach eigener Angabe von Pythagoras’ Theorie der Musica Universalis inspiriert, nach der die Klangfrequenzen der Planeten im All eine universelle Harmonie erzeugen. Wie sehr man das der Musik angört, sei dahingestellt – ein anderer Aspekt ist allerdings gut auszumachen: Bei den ersten drei Stücken gibt jeweils ein Musiker mit Gitarre, Drums oder Elektronik die Richtung vor und lässt die anderen beiden einstimmen, wobei die Musiker nie nur ein Instrument spielen. Beim vierten Track jammen alle zusammen, bis der Kreis sich schließt. Was dabei herausgekommen ist kann man auch völlig atheoretisch als mitreißenden Psych Rock bezeichnen, kosmisch dröhnend und mit einem hier und da aufscheinenden Jazzeinschlag in Rhythmus und Aufbau.
Der Opener “Diapason” beginnt mit einem leicht wabernden Drone, das etwas zu unruhig ist, um eine Ambientplatte einzuleiten, und nach kurzer Zeit erscheinen dann auch weitere Komponenten auf dem Plan, die den Sound aufmischen: Detonationen, die an zugeknallte Türen erinnern, sirenenhaftes Heulen, jaulende Gitarren, verwegen klingender Sprechgesang, rasselnde Beats. Letztere sind jedoch nur der Vorspann zu kräftigem Drumeinsatz, und für den Rest des Tracks fühlt man sich wie in einem etwas rituelleren Soundtrack von Cannibal Movie. Steht beim Opener noch die Harmonie im Zentrum, ist es im folgenden “Diapante” mit seinen treibenden Trommeln und kraftvollen Shouts die Dynamik und in “Diatessaron” mit dem vibrierenden Saxophonparts die Ekstase.
Das längere “Topos” wirkt am improvisiertesten und für eine längere Zeit so, als tasteten die Musiker noch umher, um zu peilen, wer wohl was vorhat. Manchmal beschleicht einen das Gefühl, dass das Ganze doch Methode hat und zudem immer ein bisschen am Tempo justiert wird, aber vielleicht ist all das auch nur eine Fata Morgana. Irgendwann bricht der Damm und fast alle Motive der vorausgegangenen Tracks kehren in der einen oder anderen Form wieder, gehüllt in reftrofuturistische Synthies, die sich in eine hypnotische Orgelmelodie verwandeln – und so steht auch am Ende wieder die Harmonie, die so inspirierend gewesen ist.
Allem voran ist “OOOO” ein tolles psychedelisches Album geworden, das Freunden von Squadra Omega, Cannibal Movie, In Zaire oder den neueren Temple Music ans Herz gelegt werden kann. (A. Kaudaht)
Label: Discrepant