Céli Lees Musik dröhnt so einlullend und subtil wie sanftes Abtauchen in eine Welt der Träume. Entspanntes Saitenpicking in sehnsüchtig entrückter Tonfolge erinnern an ambienten, wortlosen Dreampop – auch dann, wenn Feedback und Delay jedes Motiv früher oder später im Abstrakten auflösen, und in den ruhigsten Momenten musste ich sogar an Michael Cashmores „Sleep England“ denken. Das stimmungsvolle Rauschen von sanft angeschlagenen Becken gibt dem Downtemposound einen Hauch von Dark Jazz.
All dies aber ist nur das Fundament der Musik, auch dem sich eine Vielzahl an kleinen Plötzlichkeiten ereignen, kaum hörbar zunächst, doch im Verlauf des Albums immer deutlicher: rituelles Bimmeln und Klopfen, nur scheinbar in kohärenten Rhythmen strukturiert, kratzige, schabende, knurrende Sounds, wahrscheinlich gesamplet, die sich in den intensivsten Momenten zu einer tosenden Schuttlawine steigern. All dies gibt der gedämpft anheimelnden Stimmung eine unheimliche Nachtseite, unruhige Takte bringen die Szenerie irgendwann zum überkochen, und am Ende bleibt das Gefühl, eine Schwelle überschritten zu haben. Das Traumwandlerische der Musik bleibt dennoch unangetastet.
Céli Lee, die in China zur Welt kam und heute in London lebt, ist Musikerin und bildende Künstlerin, musikalisch arbeitet sie v.a. zusammen mit ihrem Partner Sergio Calderón unter dem Projektnamen MU. „A Journal of Transform“ enthält eine CD und einen Bildband mit surrealen, Zeichnungen, in denen z.T. an Hans Bellmers verschnürte Puppen erinnernde Körper, die menschliche und tierische Elemente zu vereinen scheinen, wie im Moment der Transformation gezeigt werden – eine interessante Form dessen, was einmal als modern primitives apostrophiert wurde. Jeder Song referiert vom Titel her auf eine der Zeichnungen, was die Arbeiten noch mehr zu einer Einheit geraten lässt.
Das Werk ist in gut hundertfacher Ausführung zu erwerben, zudem natürlich als Download in den gängigen Formaten. (U.S.)
Label: Entertaining Violence