Die drei Slovenen von Širom nennen ihre Musik “Imaginary Folk”, was vielleicht auf die hybride Natur ihrer Aufnahmen und der zugrundeliegenden Einflüsse anspielt, unter denen die eigene regionale Tradition schon von der Instrumentierung her nur ein Mosaikstein unter vielen anderen ist. Was die zahlreichen Stilelemente und Gangarten ihrer Songs vor dem Auseinanderfallen bewahrt, ist ein Zug der Konzentration, eine Präzision und Abgestimmtheit, die sich wie ein unsichtbares Gerüst durch all ihre Arbeiten zieht.
Ganze neunzehn Instrumente plus Stimmen und Unspezifisches wie Perkussion und diverse “Objekte” verwendet das Trio nach eigener Angabe für ihren aktuellen Longplayer “A Universe that Roasts Blossoms for a Horse”, was sich erst mit der Zeit in zahlreichen Ornamenten und Kehrtwendungen offenbart. Echolalien und kakophonische Bläser lassen das Album erst einmal übersichtlich angehen, doch schon in den ersten Minuten demonstriert ein merkwürdig gluckernder Rhythmus und ein Gesang, bei dem nach und nach merklich an der Schraube gedreht wird, dass dies kein gemütliches Album werden wird.
Dennoch mangelt es kaum an einer Schönheit, auf die sich wahrscheinlich viele Freunde experimentierfreudiger Folk- und Weltmusik einigen können: Ein Banjo, das direkt von Timothy Renner kommen könnte, erklingt zu mystischer Dröhnung und Handdrums, bis alles in einen beschwingten Volkstanz mündet. Orientalisch anmutendes Saitengeschmetter und feurig klappernde Takte aus Holz und Haut treten später mit der anrührenden Melodie einer Bratsche in einen ungewöhnlichen Dialog. Glöckchen und stimmungsvolle Flöten sorgen beinahe für so etwas wie ein Idyll, doch (post-)rockige Drums, deren Rhythmen parallel in verschiedene Richtungen aufbrechen, schieben dem einen wenig romantischen Riegel vor.
“Ich glaube, dass viele Musiker sich vor dem Auseinanderfallen einer Melodie fürchten, aber ich genieße das. Nur dann kann sie sich in etwas Neues verwandeln“, sagt Multiinstrumentalistin Ana Kravanja zu dem neuen Werk und spricht damit eine Wandlungsfähigkeit an, die das ganze Album über spürbar ist, auch innerhalb der einzelnen Songs, in denen hin und wieder bestimmte Motive zyklisch wiederkehren, meist jedoch am Ende ein komplett anderes Setting steht. Manch einer, der Folkmusik aus reiner Ahnungslosigkeit pauschal als konservativ abtut, kann da von seinen Vorurteilen kuriert werden.
Label: tak:til / Glitterbeat