HOWLING LARSENS / NICK LYMPEROPOULOS: Poemandres

Vor knapp fünf Jahren brachten die aus R. Loftiss und Alan Trench bestehenden Howling Larsens erstmals eine gemeisame Arbeit mit dem griechischen Okkultisten Nick Lymperopoulos heraus, eine elektroakustisch unterdröhnte Lesung des ersten Teils von Parmenides’ Traktat “Über die Natur”. Es war damals die Rede von einer geplanten Vertonung der restlichen Teile, die bislang nicht realisiert wurde. Die gute Neuigkeit ist aber, dass die Zusammenarbeit nach wie vor besteht, und das neue Lebenszeichen geht in eine ganz ähnliche Richtung, denn hier interpretieren die drei das erste, “Poemandres” genannte, Traktat des Corpus Hermeticum.

Die bekannte Sammlung an z.T. in Dialogform verfassten Abhandlungen, als deren Verfasser lange Hermes Trismegistos angenommen wurde, ist die wahrscheinlich wirkmächtigste Quelle okkulten Wissens der Antike und ein wichtiges Fundament hermetischer Geheimlehren. In den Ausführungen über Mystik, Reinkarnation und Opferpraktiken klingt das Echo damals einflussreicher Denkschulen des Platonismus, Neoplatonismus und des Stoizismus an, aber auch Spuren jüdischer, persischer und (in der Eigendarstellung besonders wesentlich) ägyptischer Traditionen finden sich. Zum ersten Traktat Poemandres berichtet ein Erzähler von einer offenbarungsgleichen Vision, in welcher ihm eine Gottheit die Ursprünge alles Seienden und dessen Bestimmung erklärt.

In der knapp einstündigen Umsetzung bildet ein melierter, kreisender, niemals nur mäandernder Dronesound das Fundament eines bedächtig beginnenden Vortrags im ungeschliffenen Ton des Altgriechischen, der zu melodisch ist für reine Spoken Words und doch zu rezitativ für klassischen Gesang. Schon zu Beginn finden sich kleine Details wie leises Bimmeln in den Wellen der Dröhnung, leichte Veränderungen deuten Szenisches an. Auch die Stimmarbeit, die sich immer wieder einem liturgischen Charakter annähert, ist keineswegs so monoton wie es vordergründig scheinen mag. Mir ist die Sprache fremd und der Originaltext somit unbekannt, doch die gelegentlichen Sprechpausen und manche Einwürfe, die wie Fußnoten und Regieanweisungen erscheinen, wie kurze Erklärungen, bevor der Sprachfluss weitergeht, scheinen der Eigenart des Textes zu entsprechen.

Veränderungen in der Dynamik des Gesangs sowie der Fülle der Musik, bei denen das hypnotische Kreisen deutlicher zutage tritt und Obertöne und weitere Details – Rasseln und deutlichere Perkussion, Knistern und Knacken wie Feuer, etwas, das wie Vogelstimmen klingt – hinzukommen, scheinen immer subtil aufeinander abgestimmt. Doch ebenso sehr verändert sich auch das Hören, wenn man sich in die Musik hinenziehen lässt und so etwas wie eine Innenperspektive einnimmt. Es ist die knarrende Stimme, die gegen Ende auffallend emotional wird und fast zu brechen scheint, die einen aus dem semihypnotischen Zustand holt. Dass all dies auch ohne Sprachkenntnisse funktionieren kann, spricht nur für die Umsetzung.

Label: Sombre Soniks