SLOW SLOW LORIS: Hiding From Ghosts

Die Doppel-CD “Hiding From Ghosts” des Berliner Duos Slow Slow Loris ist eine recht groß angelegte Retrospektive, die die letzten zehn Jahre ihres Schaffens zusammenfasst. Die Anthologie vereint neu abgemischte und gemasterte Stücke von verschiedenen Alben und Samplern und bietet so einen tiefen Einblick in die intensive und – das wird meist schon nach einem kurzen Eindruck deutlich – genreübergreifende Musik von Angela Nina Yeowell und Robert Heim. Ihr Sound bewegt sich geschickt zwischen furiosem Lärm, ausdrucksintensivem Stimmeisatz, experimentierfreudiger Elektronik und surrealer, oft unheimlicher Intimität.

Schon das Eröffnungsstück “No Detail, No Wind” zieht den Hörer in eine Welt aus anrührenden, fast spieluhrartigen Klängen, die in noisige, kratzende, quietschende Texturen getaucht sind. Angelas sanfte, aber verfremdete Stimme weht durch die Songs, nicht immer verständlich, aber umso eindringlicher. Ihre geisterhafte Präsenz schafft eine Atmosphäre, die an einen Goth-angehauchten Animationsfilm mit Schauplatz in einem abgedunkelten Puppenhaus erinnert – was nichts daran erinnert, dass diese Musik wunderbar in einer großen, weiträumigen Halle funktionieren sollte.

Oft sind die Stücke von Kontrasten geprägt: Auf scheinbar zarte, von repetitiven Sounds durchzogenen Klangsettings folgen nicht selten heftige Lärmausbrüche, in denen die dunkle, grummelige Stimme der männlichen Hälfte des Duos auf dröhnende Soundlawinen treffen, die von heftigen Detonationen vorangepeitscht werden. Doch stets bleibt Angelas Stimme der Ankerpunkt – mal sanft, mal sirenenhaft, mal als beinahe klassischer Sopran im Höhenflug, mal im hexigen Befehlston, mal wie eine kraftvolle proklamatorische Stimme aus dem Off. In einem Moment sanft flüsternd, im nächsten wie aus einem Megafon, das apokalyptische Botschaften durch den Lärm sendet. Die Kompositionen sind voller Überraschungen: Harsh-Noise-Elemente treffen auf filigrane Glockenspiel-artige Synthietupfer, und trotz der oft intensiven Geräuschkulissen gibt es immer wieder ruhige, fast ambiente Settings, in denen die Musik sich auf zarte Melodien und sphärische Klänge reduziert. Diese scheinbaren Ruhepausen verstärken die Spannung, bevor der nächste Ausbruch folgt.

“Hiding From Ghosts” ist eine Sammlung, die zum Eintauchen und Erforschen in eine Welt einlädt, in die es sich durchaus zu verlieren lohnt. Sie vereint den rauen Charme und die klangliche Experimentierfreude des Duos und bietet zugleich eine perfekte Einführung in ihre tatsächlich einzigartige theatralische Welt.

Label: Cloister Recordings