HOLGER CZUKAY: On The Way To The Peak Of Normal

Seit einigen Jahren macht sich Herbert Grönemeyer als Verleger mit der Wiederveröffentlichung bekannter und obskurer Releases aus den Annalen des Krautrock verdient. Zu den diesjährigen Wegmarken zählt u.a. das von großen Namen gespickte Conny Plank-Tribute, alsbald sollen die wenigen Aufnahmen des kurzlebigen Bandprojektes Les Vampyrettes wieder zugänglich gemacht werden, das der Produzent zusammen mit CAN-Bassist Holger Czukay betrieb. Auch von Czukay selbst ist die Neuauflage vergriffener Musik geplant, und den Auftakt macht sein zweites Soloalbum „On The Way To The Peak Of Normal”, das 1981 bei Electrola erschienen ist.

Was immer Czukay sich in den frühen 80ern unter dem Gipfel des Normalen vorgestellt hatte, wenn der Weg dahin derart entspannt verläuft wie die improvisierten Stücke des Longplayers, kann ich mir darunter keinen allzu trostlosen Ort vorstellen. Alle Zeichen stehen auf langsamen Grooves, benahe friedvollen Jazzgitarren und psychedelisch tremolierenden Surftwangs, Conny Planks begleitende Echospielereien tun ihr übriges, um eine in sich ruhende Gelöstheit aufkommen zu lassen. Zusammen mit der schlichten Wiederholungsstruktur einiger Passagen lässt dies die Länge der Stücke nahezu irrelevant erscheinen. Wer sich darunter allerdings Hippies kleine Nachtmusik vorstellt, den muss der verspielte Jamcharakter überraschen, mit dem Czukay und Kollegen, allen voran Drummer Jaki Liebezeit, derart stimmige Tempowechsel, Brüche und Umwege hinbekommen, wie sie nur in spontaner Unbekümmertheit entstehen können. Auch die verstreuten stimmlichen Äußerungen – ekstatisches Stöhnen und Jammern, das sich aus zunächst kaum hörbaren Flüsterstimmen herauskristallisiert – ist Teil der eher frickelig verspielten Seite der Musik und geht wohl auf die obskursten Gäste, die NDW-Kapelle S.Y.P.H. (Saufender Yankee Prügelt Homo) zurück.

Seltsam unscheinbar ist diese Musik auf den ersten Eindruck, doch ist man erst einmal von ihrer geheimen Wucht erfasst, fragt man sich, ob man vielleicht nur durch dreißig weitere Jahre Popgeschichte abgstumpt ist, um nicht beim ersten Ton zu bemerken, dass hier mehr als entspanntes Geklimper im Gange ist. (U.S.)

Label: Groenland