Oberflächlich betrachtet kann man Will Oldhams Werdegang als eine Entwicklung vom minimal instrumentierten Lofi-Dilettantismus hin zu einem opulenten und virtuosen Bandsound interpretieren – um dann vielleicht noch die Einschränkung hinzuzufügen, dass sich diese Entwicklung nicht vollkommen linear vollzieht. In Wirklichkeit sind die beiden Gestaltungsweisen seiner Musik, der Purismus und das virtuose Zusammenspiel mit anderen professionellen Musikern, so stark ineinander verzahnt, dass es bei genauerem Hinsehen problematisch ist, sie einfach auf unterschiedliche Werkphasen zu verteilen. Weiterlesen
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ANNA CALVI: Strange Weather
Unter den Newcomern des laufenden Jahrzehnts belegt die Britin Anna Calvi einen der renommiertesten Plätze, ihr Debüt bescherte ihr zahlreiche Fans und gute Kritiken. Dass alte Recken wie David Byrne und Nick Cave ihrem Zauber erlagen und entsprechend Starthilfe gaben, wurde fast immer als verdient erachtet, selten wurde über Beziehungen und Patronage geunkt. In der Tat sind ihre Songs, die meist auf gezupften E-Gitarren oder Harmonium basieren, auf eine nur schwer festzulegende Weise geheimnisvoll und zugleich enorm wuchtig. Und auch wenn man sie nicht als Callas an der Gitarre bezeichnen muss, ist die Frau mit der wandlungsfähigen Stimme Weiterlesen
AUSTRA: Habitat EP
Für eine Band, die mehr als eine Eintagsfliege sein will, gibt es kein überschüssiges Material, und so wurde aus ungenutzten Albumtracks schon so manches veritable Lebenszeichen, das die Wartezeit der Fans, wie man so sagt, verkürzt oder versüßt. Austra haben vor rund drei Jahren den Song „Habitat“ aufgenommen, der auf keines der beiden Alben so richtig zu passen schien. Nun scheint seine Zeit gekommen, und so erscheint er zusammen mit drei Fingerübungen auf der gleichnamigen EP. Weiterlesen
BONNIE ‘PRINCE’ BILLY: s/t
Bonnie ‘Prince’ Billys selbstbetiteltes Album hat zwar schon ein paar Monate auf dem Buckel, verdient aber schon deshalb noch immer Erwähnung, weil es mehr als alle anderen Lebenszeichen des Sängers übergangen und in den Chroniken vermutlich einmal als obskure Randerscheinung geführt werden wird. Oldham brachte es letzten Herbst im Eigenverlag heraus, und die größte Werbung, die dafür gemacht wurde, bestand in der Vinylversion, die relativ unkommentiert auf den Merchandise-Tischen der jüngsten Tour auslag. Interessant ist es auch deshalb, weil es, wie nicht unüblich bei Weiterlesen
DAWN MCCARTHY AND BONNIE ‘PRINCE’ BILLY: What The Brothers Sang
Wenn Dawn McCarthy und Bonnie ‘Prince’ Billy die Everly Brothers covern und auch noch Pete Townsend mit von der Partie ist, dann weiß man kaum, wo man anfangen soll. Am sinnvollsten ist freilich, zuerst einmal Dawn McCarthy vorzustellen, denn hinter dem hierzulande weniger bekannten Namen verbirgt sich eine Musikerin, die bereits auf eine respektable Laufbahn zurückblicken kann. Dawn „The Faun“ McCarthy entstammt sowohl der Musik- als auch der Theaterszene und ist seit rund fünfzehn Jahren Frontfrau bei The Faun Fables, die mit ihren verrückten Konzeptalben Weiterlesen
PEAKING LIGHTS: Lucifer in Dub
Es ist nicht das erste mal, dass ich erst über eine Dub-Version so richtig auf ein Album aufmerksam geworden bin, so zum Beispiel erschloss ich mir einige jüngere Aufnahmen von Grace Jones erst durch ihre Remixversionen, allen voran die auf der kongenialen CD „Hurricane Dub“. Ein Grace Jones-Album zu übergehen ist selbstredend nur schwer zu sühnen, nur die immense allmonatliche Veröffentlichungsflut mag sich schuldmindernd auswirken. Genau die ließ mich auch über Peaking Lights’ „Lucifer“ hinwegsehen, dessen Cover mit der Typographie einer amerikanische Milchbar in Neonlettern daran erinnert, wie sehr Weiterlesen
ANIMAL COLLECTIVE: Oddsac
Pantomimisches Musikvideo? Schamanistischer Backwood Thriller? Organischer Horror? Surreales Spektakel? Nichts könnte belangloser sein, als beim neuen Album des ANIMAL COLLECTIVE, das diesmal ein audiovisuelles ist, nach einer Verortbarkeit in vorgefertigten Schemata zu suchen. Zusammen mit dem Videokünstler DANNY PEREZ, dem die Band bereits einige Clips und jüngst eine audiovisuelle Installation im New Yorker Guggenheim Museum verdankt, haben Avery Tare, Geologist und Deakin, die dank einzelner Songs gelegentlich dem Folk zugerechnet werden, fünf Jahre lang an ihrem visuellen Album „Oddsac“ gearbeitet. Das Resultat ist beachtlich und straft all jene Lügen, die am Hipster-Image der Gruppe festhalten. Weiterlesen
BONNIE ‘PRINCE’ BILLY & THE CAIRO GANG: The Wonder Show Of The World
An Will Oldham scheiden sich seit Jahren die Geister. Während die einen Tiefe und subtile Bedeutungsfülle in seinen Songs erkennen, sehen die anderen in ihm einen unermüdlichen Garanten der Ermüdung, der Idiosynkrasie in Verbindung mit gepflegtem Dahinplätschern stets ähnlicher Klänge. Aus einer gewissen Nahdistanz heraus ist es vielleicht nicht abwegig, bei der Beurteilung seines mittlerweile umfangreichen Gesamtwerks recht ambivalent zwischen beiden Positionen zu changieren. Weiterlesen