Zwischen einem rein musealen Rückgriff auf etablierte musikalische Strukturen und dem oft zwanghaft wirkenden Bedürfnis nach Neuem, nach ästhetischem Tabula Rasa, gibt es die verschiedensten Wege, und die interessantesten darunter sind wahrscheinlich diejenigen, die die Würdigung tradierter – auch moderner tradierter – Formen mit Innovation verknüpfen. Eine solche – zugegeben allgemeine – Vorstellung scheint auch dem Weiterlesen
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YARA ASMAR: Stuttered Music
Jeder, der einmal sein Zuhause – sein Land oder seine Stadt – für längere Zeit verlassen hat, wird wohl beim Zurückkehren einige der am wenigsten erwarteten Veränderungen festgestellt haben, während andere Dinge unerwartet gleich geblieben sind. Zwar beginnt “Stuttered Music”, das neue Album der libanesischen Klang- und Marionettenkünstlerin Yara Asmar, mit spacig pfeifenden Hochtönern, als erstes fällt aber zumindest in der digitalen Version ein beigefügtes Prosagedicht ins Auge, das wie ein Weiterlesen
JULIA SABRA: Natural History Museum
Julia Sabra, bekannt als Stimme der libanesischen Dreampopcombo Postcards und unter ihrem persönlichen Namen bereits auf dem Album “Snakeskin” in Erscheinung getreten, eröffnet mit ihrem Solodebüt “Natural History Museum” ein neues und sehr persönliches musikalisches Kapitel. Es handelt sich dabei um eine Sammlung von Songs, die zwischen 2020 und 2024 inmitten der schwierigen Weiterlesen
JAD ATOUI / JAWAD NAWFAL / SHARIF SEHNAOUI: Modern Individual
Auf “Modern Individual”, dem for kurzem erschienenen ersten gemeinsamen Longplayer der drei libanesischen Musiker Jad Atoui, Jawad Nawfal und Sharif Sehnaoui, beschleicht einen immer wieder das Gefühl, etwas Unberechenbares braue sich zusammen. Vor einem unruhigen Hintergrund aus Rattern, Knacken und schrill rauschendem Feedback irren bereits in den ersten Minuten hohe Sinustöne durch den Raum, kollidieren mit Weiterlesen
MUNMA: Transient Organ
Das Herz, das auf dem Cover von Munmas neuem Album so deutlich in der Farbe hervorsticht, ein vergängliches Organ zu nennen, als Feststellung freilich eine Selbstverständlichkeit, mag von sehr traurigen, vielleicht aber auch sehr abgeklärten Gedanken motiviert sein. Doch auch wenn die Musik, die sich hinter diesen Worten und Bildern verbirgt, auf ihrer Reise durch anfangs abgedunkeltes, im Laufe der Zeit aber sehr vielfarbiges Terrrain diese Fragen berühren mag, steht sie doch Weiterlesen
SAFA: Hometown
Pulsierende Wellen kommen stetig näher, fließen über moosbewachsene Steine, sanft zunächst, aber ein stilles Wabern und Rumoren ist unter der Oberfläche zu hören, und fast meint man, dass auch leichte Kanten zu spüren sind. Mit der Zeit wird es lauter und über die Steigerung des Volumens scheint sich etwas anzuschleichen, das sich beinahe zu einer veritablen Brandung steigert. Schon im Präludium zu Weiterlesen
Marjaa: Mayssa Jallads Album auf Vinyl
Im Oktober bringt Ruptured Music die erste Vinyl-Edition von Mayssa Jallads zunächst digital veröffentlichtem Longplayer “Marjaa – The Battle of the Hotels” heraus. Das Album, das zu progressiven Folk- und Ambientklängen, die eine ganz eigene Handschrift zwischen regionalen und internationalen Spielweisen aufweist, eine Reihe von Ereignisse auf dem libanesischen Bürgerkrieg erforscht, erhielt eine große mediale Aufmerksamkeit und wurde auch auf unseren Seiten – in einer Besprechung sowie im Interview mit der Künstlerin – ausführlich diskutiert. Weiterlesen
Kaput: Bernard Hage alias The Art of Boo mit neuem Album
In Kürze erscheint das zweite Album des in Berlin lebenden libanesischen Pianisten und Komponisten Bernard Hage, der unter dem Namen The Art of Boo firmiert. “Kaput”, das neun feinsinnige Stücke für Piano enthält, entstand über einen Zeitraum von rund drei Jahren und dokumentiert chronologisch die Empfindungen des Künstlers unter den Eindrücken zahlreicher äußerer Ereignisse: Politische Unruhen in Libanon, die 2019 in den lautstarken Protesten bereits einen frühen Höhepunkt erlangten, die Pandemie, die finanzielle und ökonomische Krise des Landes, die verheerende Explosion im Hafen von Beirut und letztlich der Umzug Hages nach Berlin bilden nicht nur einen Weiterlesen
Ich hatte das Gefühl, dass die Stadt Zeuge einer Gewalt war, die niemand erwähnen wollte. Interview mit Mayssa Jallad
Anfang des Jahres erschien das erste Soloalbum der libanesischen Sängerin, Musikerin und Architektin Mayssa Jallad, die zuvor bei der Band Safar und in einigen weiteren Konstellationen in Erscheinung getreten ist. Das international mit großem Interesse rezipierte “Marjaa: The Battle of the Hotels” erzählt in melancholischen Folksongs und ebenso in zerfledderten Eruptionen die Geschichte des Hotel District im Zentrum Beiruts, das zu Beginn des libanesischen Bürgerkriegs Schauplatz und zugleich Akteur wesentlicher Weiterlesen
I felt that the city had witnessed a violence that nobody wanted to mention. Interview with Mayssa Jallad
The first solo album by Lebanese singer, musician and architect Mayssa Jallad, who previously appeared with the band Safar and in several other constellations, was released at the beginning of the year. “Marjaa: The Battle of the Hotels” tells the story of the Hotel District in the centre of Beirut in melancholic folk songs and also in tattered eruptions. At the beginning of the Lebanese civil war, the Hotel District became the scene and at the same time a prominent actor of essential Weiterlesen
MAYSSA JALLAD: Marjaa
Die libanesische Hauptstadt Beirut galt in den mittleren Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts als kulturell reizvolle und wirtschaftlich aufstrebende moderne Metropole, mit deren Image als internationale Projektionsfläche im Nahen und Mittleren Osten damals vielleicht nur Teheran mithalten konnte. Da die Stadt bei Geschäftsreisenden und Urlaubern beliebt war, avancierte in den 60ern und frühen 70ern v.a. der Hoteldistrikt, ein Weiterlesen
ELYSE TABET / PASCAL SEMERDJIAN / YARA ASMAR: Low Toms Bright Bells and Darkest Spells
Kein leises, bedächtiges Intro führt einen behutsam in die Welt von “Low Toms Bright Bells and Darkest Spells”, denn das Album, das Elyse Tabet zusammen mit zwei weiteren interessanten libanesischen Musikern – Pascal Semerdjian und Yara Asmar – aufgenommen hat, beginnt gleich mit einer erwartungsvollen Spannung. Ein dezentes, aber kaum leises elektronisches Vibrieren bildet den federnden Hintergrund für kraftvolle Drums, die über Weiterlesen
Gemeinsames Album von Julia Sabra und Fadi Tabbal
Bereits vor einigen Wochen veröffentlichten die beiden Beiruter Acts Julia Sabra und Fadi Tabbal ein gemeinsames Album unter dem Titel “Snakeskin”. Dass die acht unterschiedlich langen Tracks so vielschichtig ausgefallen sind und alle ihren ganz eigenen Charakter offenbaren, ist neben dem kreativen Esprit der beiden sicher auch darauf zurückzuführen, dass die Beteiligten ganz unterschiedliche musikalische Hintergründe haben: Julia Sabra ist Sängerin und Songschreiberin der Indieband Postcards, ihr sanfter Sopran hat eine poppige Seite, kann aber auch auf frühe Erfahrungen mit christlichem Choralgesang zurückgreifen. Fadi Tabbal dagegen ist Soundartist und Toningenieur in den überregional bekannten Beiruter Tunefork-Studios, seine Liebe gilt u.a. der Minimal Music und der Musique Concrète. Weiterlesen
MUNMA: Three Voices
Unter dem Namen Munma produziert der in Beirut lebende Jawad Nawfal seit nun zehn Jahren elektronische Musik in Eigenregie, doch seine Karriere reicht noch ein knappes Jahrzehnt weiter in die Vergangenheit zurück – ein Zeitraum, in dem er als Teil verschiedenster Kollaborationen und als DJ und Produzent die Möglichkeiten des kreativen Dialogs mit anderen auslotete. Die dafür nötige Offenheit und die sich dabei verfeinernde Fähigkeit, sich auf die Vibes anderer hin zu justieren, haben sicher einen Teil dazu beigetragen, dass der Weiterlesen