“Seta”, das Debütalbum von Bellucci, einem neuen, wohl in Berlin ansässigen Projekt der Künstlerin Paola Lesina, ist eine bemerkenswerte Veröffentlichung, die auf den ersten Höreindruck fast verschlossen anmutet und in ihrer Vielschichtigkeit nur schwer zu fassen ist – ein Werk, das sich gängigen Kategorisierungen weitgehend entzieht, dabei aber v.a. duch seine präzise Gestaltung beeindruckt.
Die Stücke – meist zwischen zwei und vier Minuten lang – setzen sich aus collagierten Klängen, Stimmen und allerlei brüchigen Strukturen zusammen. Die menschliche Stimme spielt dabei eine zentrale Rolle: geflüstert, gehaucht, geloopt, verzerrt – immer wieder durchbrochen von hochschwingendem Soprangesang, von fragmentierten Sätzen oder fast unhörbarem Murmeln. In einem Stück namens “Dracula” etwa wird wiederholt “Who wants to be the winner?” gehaucht, irgendwo zwischen Frage, Mahnung und Mantra.
Die Bearbeitung der Stimme geht dabei oft so weit, dass sie zu einem – wenn auch wichtigem – Sounddetail unter mehreren wird wie in “HEART 2″, wo sie zu rhythmischen Tupfern verarbeitet wird. Dieses Prinzip des Fragmentierten durchzieht auf die eine oder andere Art das ganze Album. In den Hintergrund mischen sich fein ausgearbeitete, schwer greifbare Sounds: Knistern, Klappern, tieffrequentes Grollen, aber auch Cinematisches wie in “Sabbia”, das sich mit schrillen Stimmverzerrungen, eruptiven Geräuschen und einer gehetzt atmenden Stimme fast zur Dröhnung steigert.
Stücke wie “Night was and Moon” oder der abschließende Titeltrack zeigen dagegen eine andere Seite: fließend, fast tröstlich wirkend, obwohl nie eindeutig in ihrer Stimmung. Die Klänge bleiben auch hier verfremdet, z.T. wie durch ein eierndes Tonband gespielt, die Atmosphäre aber verdichtet sich zu einer Art stiller Monumentalität.
“Seta”, dessen Cover der biblische Tanz um das Goldene Kalb ziert, ist ein Album, das man nicht durchhört, sondern betritt. Es changiert zwischen Hörspiel, elektroakustischer Miniatur und einem subtil eingebrachten Ritualismus. Und es bleibt in seiner Form offen, eine Arbeit ohne erklärtes Zentrum, deren Obskurität Teil ihres Sogs ist. (A. Kaudaht)
Label: Vaknar