DEEP FADE: Oblivion Spell

Es gab in den vergangenen Jahrzehnten eine Menge an Platten, die Bestandsaufnahmen apokalyptischer Niedergangsszenarien in wunderschönen harmonischen Klängen und mit Texten, die auch nach herkömmlichen Standards als poetisch verstanden werden können, auszudrücken wussten, und in vielen Fällen konnte und kann das auch wunderbar funktionieren. Natürlich lassen sich manche Bilder von Zerfall und Untergang ebenso gut und bisweilen besser durch eine Musik ausdrücken, die weder beruhigt, noch um Verständnis wirbt. Mit “Oblivion Spell” hat Deep Fade bereits vor Monaten ein Album herausgebracht, das zwischen Noise-Fragmenten, metallenen Detonationen und gespenstigen Vocals, deren Inhalte nur schemenhaft zu verstehen sind, eine merkwürdige Balance wischen Überforderung und kontrollierter Gestaltung gefunden hat.

“Oblivion Spells” ist ein Album, das sich kaum einordnen lässt, außer vielleicht unter dem von Amanda Votta, dem Mastermind hinter dem Projekt, selbst gewählten Begriff Abject Feral Noise. Die sechs Stücke, zumeist zwischen acht und elf Minuten lang, entfalten eine rohe, oft wütende Energie, die sich aus harschen Rückkopplungen, metallenen Klängen und rhythmisch strukturierter Verzerrung speist. Die Gewalt dieser Musik wirkt nicht ziellos, sondern von einer kühlen Entschlossenheit getragen, die mitunter den Blick auf etwas Tieferliegendes freigibt: ein unaufgeregtes, vielleicht resigniertes Bewusstsein von Verlust und Schmerz.

Eröffnet wird das Album mit “Hologrammatization”, einem rauschenden Inferno, das zwischen schrillem Feedback, Elementen eines hämmernden Rhythm Noise, kleinteiligen Sounds und scheinbar gemurmelten, halbversteckten Stimmenfragmenten changiert. In “Possessor” schleifen sich höhere Töne ins Gehör, unterbrochen von pulsierendem Lärm, in dem sich geisterhafte Gesangsspuren und die Violine von Grey Malkin, der hier nur diesen einen Gastauftritt hat, beinahe verlieren. Der Titeltrack tritt mit herausgepressten Noisequadern auch den Plan – Maschinenklänge, Sprühstöße und martialischer Salven dominieren im weiteren Verlauf. “Mirror of Disappearance” beginnt gefühlt etwas ungerichteter, lässt aber kurzzeitig eine ätherischere Seite aufscheinen, wie um zu zeigen, dass auch diese immer ein Teil von Vottas Signatur ist. “Void-Fucked Entropy” ist düsterer, niederdrückender, und kündigt bereits das apokalyptisch marschierende Finale “To Fire You Come At Last” an. Hier spricht Cecilia Bjärgö, bekannt u.a. von Arcana, Sophia und Der Blaue Reiter, über Hallflächen hinweg, während metallisches Rasseln und säureartige Elektronik so etwas wie den Abgesang auf ein endgültig entgleistes System intonieren.

Votta hat das Album nahezu vollständig im Alleingang an wechselnden Orten zwischen den USA, Großbritannien, Schweden und dem Atlantik produziert. Vom folkigen Einschlag früherer Werke ist zumindest in den Oberflächenstrukturen dieses Werks kaum noch etwas geblieben. Stattdessen herrscht eine bedrängende Wucht, die nicht einfach Lärm ist, sondern eine Form von Ausdruck, die keine Erklärung sucht und braucht. (A.Kaudaht)

Label: Phage Tapes