HERZ JÜHNING: Miasma

Mit seiner schnell ausverkauften EP hatte sich Kay Jühning gut ins analoge Universum des kleinen (Post-)Industrial Labels eingefügt, irgendwo im abgesteckten Feld zwischen Angstpop und harscheren Sounds. Das Vollzeitdebüt führt dieses Changieren zwischen melodischeren Momenten und stärker aufs Harsche und Schockierende fokussierten Stücken fort: Nach dem scheinbar als Intro funktionierenden weitgehend instrumentalen “Induction“ folgt mit dem Titelstück ein durch die verzerrten Vocals raueres Stück, die Synths pulsieren und fiepen. Auch das von bohrenden Sounds untermalte “Opisthotonus“ bewegt sich in einem ähnlichen Terrain, die unangenehmen (Sprach-)Samples (z.B. bei “Infibulation“) verstören. Ganz anders dagegen “Can’t Be“ mit Sprechgesang und melancholischen Synthmelodien oder “Defense Reaction“ und “Vulnerability“, auf denen man fast  schon richtigen Gesang hört, wobei gerade letzteres Stück scheinbar eine wirklich verletzliche Seite des Vortragenden (er-)öffnet. Im Innern des Booklets dann Memento Mori, Schlachthausästhetik (oder wie es in Clive Barkers Frühwerk heißt: “Blutbücher sind wir Leiber alle“), Versehrte. Der Künstler als Verletzter und Verletzender. (M.G.)