Das Tape erlebt (insbesondere im (Post-) Industrial) als Tonträger eine gewisse Renaissance. Das liegt sicher an zweierlei. Zum einen ist es eigentlich das umständlichste Medium, dem gleichzeitig die „tactile pleasure of so-called obsolete media“ (David Keenan), die Vinyl innehat, fehlt und somit auf gewisse Weise sicher die anachronistisch-trotzigste Positionierung gegen das Nullmedium MP3 in all seiner Seelenlosigkeit ist. Zum anderen ermöglichten es Tapes in der Frühzeit experimenteller Musik auch Loops und Protosamples zu kreieren.
„The Transfiguration of the Image“ ist durch Artwork und Zitat(e) konzeptionell ausgerichtet, obwohl es sich um eine Zusammenstellung teils schon veröffentlichter Tracks handelt. Das Zitat aus einem Werk über die Ästhetisierung des Todes in der Kunst im 19. Jahrhundert illustriert das Gemälde Delaroches, das das Cover ziert und auf dem der Maler seine Gattin auf dem Sterbebett zeichnete.
Der erste Track wurde ursprünglich vor über zehn Jahren auf der „Deafness Is Not A Gift“-Zusammenstellung veröffentlicht. „Abstract Death“ zeigt Anemone Tube – dem Titel und den anderen damaligen Beteilgten angemessen – von der harschen Seite: Es brummt und zischt, gleichzeitig wird aber jede Statik vermieden, zu viel passiert innerhalb der Dissonanzen. Das ist meilenweit entfernt von so etwas wie dem die Variationslosigkeit im Namen tragenden Wall Noise. Das neueste Stück ist „Under The Mask Of Beauty“, das es zwar auf nur eineinhalb Minuten bringt, musikalisch an den Opener anknüpft und ebenfalls voller Dynamik ist. „Screen Test Intersection“, von der 1999 erschienenen „Anonomous Silencer 3“-Compilation, beginnt – passend zum Thema des Tapes – mit einem Sample, auf dem einer der berühmtesten (poetologischen) Sätze Poes zitiert wird: „The death of a beautiful woman is unquestionably the most poetical topic in the world.“ Poes Einschätzung, Melancholie und Schönheit vereinten sich eben im Tod einer schönen Frau, ist sicher seiner Biographie geschuldet. Verglichen mit den ersten beiden Stücken fällt das Stück etwas zurückhaltender, wenn auch nur bedingt weniger krachig aus: Hier scheinen die Noiseschleifen zu pulsieren und fast schon für eine Art von Rhtyhmus zu sorgen. „State Of Preservation“ setzt die (Aus)Richtung des Vorgängers fort und war auf dem „Allegories For The Future“-Tape erstmals zu hören, das passenderweise auf einem Label mit dem Namen „Loud!“ herausgekommen ist. Im direkten Vergleich mit den zuletzt hier besprochenen Arbeiten von Anemone Tube ist „The Transfiguration Of The Image“ ruppiger, aber dennoch klanglich (aus)differenziert. Dass das Tape zudem musikalisch wie aus einem Guss wirkt, obwohl teilweise 13 Jahre zwischen einzelnen Stücken liegen, spricht auch nicht gerade gegen den Erwerb dieses vielleicht nur scheinbar obsoleten Mediums.
M.G.
Label: Danvers State Recordings