LA PIRAMIDE DI SANGUE: Sette

La Piramide di Sangue sind ein Unikat, das in der heutigen Psychedelia- und Stoner-Szene einen eigenen Platz beanspruchen kann, auch wenn es sicher etliche gibt, die sich in der Tradition von Embryo oder der Third Ear Band wähnen und ausladende, experimentelle Rockstrukturen mit orientalischen Elementen garnieren. Was das Turiner Septett, das aus einer doppelten Rockbesetzung und einem Klarinettisten besteht, hervorhebt, ist eine kraftvolle und unberechenbare Aufbruchstimmung, bei der man dankbar sein kann, dass das Ganze zumindest nicht durchgehend auf Metal hinausgelaufen ist. Dies traf bereits auf den Erstling “Tebe” zu, dessen Stücke noch einer Lust am Mäandern nachgingen und sich durch so mache süßliche Nebelschwade schlängelten.

Im etwas weniger Wellenförmigen, Ornamentalen, findet sich einer der zentralen Unterschiede beim Nachfolger “Sette”, und irgendwie ist dies auch eine Entsprechung zum klaren, etwas weniger nebelverhangenen Artwork von Fred Zotta, der glatt ein künstlerischer Zwillingsbruder des berüchtigten Skinner sein könnte. Eine Platte, die so aussieht, macht Spaß, und bei Mitgliedern, die sich Ayatollah Kebab nennen und Projekte wie Craxi Driver betreiben, wundert das kaum.

„Sette“ ist keine Platte, die Schritt für Schritt erkundet werden will und sich mit Einführendem aufhält. Vielmehr scheinen einem schon die ersten Takte zu sagen, dass es hier laut und grindig und pathetisch zugeht, dass es dröhnt und kracht und gelegentlich rauscht und dass es trotz allem keine zuverlässige Statik gibt, denn im Hinblick auf Takt und Tempo, Dichte und Schwere ist der Wechsel die eigentliche Konstante. Die Sahnehaube auf all dem ist einmal mehr die Klarinette, die geschwungen repetitive Arabesken ausführt und manchmal an ein Gitarrensolo erinnert. Sie ist der eigentliche Melodiegarant, das schöngeistige Ornament im elektrifizierten Stampfen und Dröhnen, und bisweilen, wie in „Jetem“, evoziert ihr Spiel einen derart schönen Orientalismus, dass man die plötzliche Rauschexplosion schon erwartet, die den Song recht heavy enden lässt.

Der laute, rasante Anfang, dieses donnernde mit der Tür ins Haus fallen darf natürlich nicht darüber hinweg täuschen, dass sich im Laufe der Platte eine ganze Reihe an Feinheiten zu erkennen geben, die den einzelnen Stücken – dem vorsichtig tastenden, von Handdrums geprägten „Esoterica Porta Palazzo“, dem schweren, metallischen „Reggio Galassia“, dem von rhythmischen Kontrasten in Bewegung gehaltenen „Aperti Alle Sette“ – ihren jeweils eigenen Charakter verleihen.

Fraglos, Exotismus kann man kritisieren – je mehr, je ernster er gemeint ist. La Piramide di Sangue scheren sich nicht um solche Konventionen und nähern sich dem schönen Schein auf eine anarchische Art, die sich mit Landsleuten wue Mombu oder Donato Epiro messen kann. Dem romantischen Träumer strecken sie damit ebenso die Zunge entgegen wie dem überkorrekten Universalisten, der das kulturell Fremde schützen will, indem er es ignoriert. Der Titel bezieht sich eventuell auf die Zahl der Bandmitglieder. Einer dieser glorreichen Sieben, nur soviel zum mitschreiben, bringt übrigens in Bälde ein psychedelisches Dark Folk-Album unter dem Projektnamen Futeisha heraus. (U.S.)

Label: Boring Machines/Sound of Cobra