Instrumentale Musik kann (oftmals lediglich) durch Titelgebung und Artwork die Rezeption in eine gewisse Richtung lenken, dabei sind im Bereich des (Dark) Ambients auch immer wieder die Regionen des ewigen Eises ein beliebter Topos gewesen, man denke etwa an Thomas Köners Frühwerk oder daran, dass es inzwischen sogar ein Label namens Glacial Movement Records gibt, auf dem passenderweise das norwegische Duo Pjusk ein Album veröffentlicht hat.
„Solstøv“, das inzwischen vierte Album, ist dagegen ästhetisch und musikalisch etwas anders ausgerichtet, basieren die einzelnen Stücke schließlich fast nur auf einer einzigen Klangquelle: einer von dem norwegischen Jazztrompeter Kåre Nymark jr gespielten Trompete, die von Taylor Deupree bearbeitet wurde. Eine Reduktion auf ein Instrument, eine Klangquelle kann der Fokussierung dienen, kann aber natürlich zu Monotonie führen; Rune Sagevik und Jostein Dahl Gjelsvik zeigen, dass Ideenlosigkeit nicht das Ihrige ist. Das mit Sleep Orchestra eingespielte Eröffnungsstück „Streif“ ist eine melodische, verrauscht-melancholische Klangfläche, die das Ausgangsmaterial erahnen lässt und dem Hörer das Gefühl gibt, in Watte gepackt zu sein. „Gløtt“ dagegen lässt inmitten der noch reduzierteren verrauschten Flächen eine einsame Trompete spielen, ganz so, als solle ein Weg durch den Nebel gewiesen werden oder als befände man sich in einem Jazzclub mit dem Namen Somnambul oder „Silencio“. Auf „Diffus“ scheinen Wassertropfen zu fallen, man meint Glocken läuten zu hören, um dann in weiter Ferne eine Trompete zu vernehmen, die an das Bremsen eines Zuges denken lässt. „Falmet“ lässt mit seinem Spiel aus Trompete und etwas, das nach Piano und Gitarre klingt, noch am ehesten an ein Stück im konventionellen Sinn denken, dann rezitieren entfernte Stimmen: „Par la nuit, le matin,/Par l’éclair qui dresse le péril,/Dans la lumière que hâte le pas,/Il aspire à L’immensité.“. Bei „Demring“ glaubt man, man sitze in einer Fabrikhalle und lausche dem fallenden Regen, es scheinen Glocken zu läuten, verzerrte Stimmen tauchen auf. Stimmungsmäßig (wenn auch nicht unbedingt musikalisch) ist das teilweise gar nicht so weit von The Caretaker entfernt. Letztlich könnte man sich das gesamte Album auch gut als Soundtrack vorstellen (die Bassklänge auf dem letzten Track „Skimt“ erinnern gar an den frühen John Carpenter). Ganz große Platte, die Kategorisierungen und Genres mit Leichtigkeit transzendiert. (M.G.)
Label: 12K