IRM: Closure

Im Vorfeld der Veröffentlichung des Albums wurde von Bandseite darauf hingewiesen, dass die 2008 erschienene Maxi „Indications Of Nigredo “ und das Album „Order⁴“ als Teile einer Trilogie begriffen werden, die nun mit „Closure“ ihren Abschluss findet -  was sicher auch damit zu tun hat, dass seit erstgenannter 12′ der Bassist Mikael Oretoft das Klangspektrum erweitert und Erik Jarl und Martin Bladh musikalisch unterstützt. Dabei war ein Merkmal des IRM-Klangkosmos, dass man weitgehend auf jedwede Form von Rhythmus verzichtete – anders als etwa der ehemalige Labelchef Roger Karmanik mit Brighter Death Now. Stattdessen gab es einen Klangwall, vor dem Bladh seine Visionen vom menschlichen Körper als Ort des Schmerze(n)s mit markerschütternder Stimme deklamierte. Das mag nach Statik, nach Erstarrung klingen, aber IRMs Klang(bild) wurde mit jeder Veröffentlichung ausdifferenzierter, war trotz aller Brachialität nicht nur eine reine Verzerrungsorgie.

Das neue Album geht einen Schritt weiter, integriert (auf zwei Stücken) Cello und auf einigen weiteren Perkussion. Dabei sollte man eher an das tonnenschwere, langsame Schlagzeug der frühen Swans denken – Tanz kann nur in zäher Zeitlupe stattfinden, wie schon das erste Stück „Closure 1“ deutlich macht: Es beginnt gewohnt rabiat, dann leiten schwere Schläge Gesang ein. Das fast neunminütige „Closure 3“ dagegen zeigt, wie gut IRM klingen können, wenn die Wu(ch)t etwas zurückgefahren wird: Ein Metronom tickt, Bladh trägt fast rezitierend und mit unverzerrter Stimme einen Text vor, im dem das Theatralische, Inszenatorische, die Performanz betont wird (schon auf „Order⁴“ gab es Stücke, die sich wie eine Anleitung zu einer Kunstaktion Bladhs lasen), zwischendurch scheint man dann auch konsequenterweise sich unterhaltendes Publikum zu hören, erst gegen Ende kommt Rauschen dazu, das an die frühen Whitehouse denken lässt, schließlich eine Spieluhr, die – vielleicht nicht zufällig – an „Hellraiser“ denken lässt, Clive Barkers Debütfilm, in dem der menschliche Körper radikalsten Transformationen unterworfen wird. Auf „Closure 5“ ist Oretofts Bassspiel prägend, man hört unterschwelliges Fiepen, das Cello dröhnt, Schreie ertönen, am Ende scheint der Gesang nur noch mit letzter Kraft herausgepresst werden. „Closure 6“ besteht fast nur aus monotonen Schlägen, zu denen sich zwei Personen unterhalten. Erst gegen Ende kommen Hochfrequenztöne hinzu. „Closure 7“ ist ein brutales – fast möchte man sagen – klassisches IRM-Stück, während Teil 8 das Harsche zurücknimmt: Der Text wird gesprochen, vereinzelte Bassanschläge, metallisches Klingen im Hintergrund, dann bricht eine verzerrte Stimme ein, Lachen. Der Abschlusstrack knüpft an den Anfang an: „Closure“ als Ouroboros.

Bladh arbeitet an der – man verzeihe mir das Wortspiel – Schnittstelle von Kunst und persönlichen Obsessionen, auch wenn das dezente Artwork (diesmal sind keine „Blutrorschachbilder“ oder bearbeitete Fotografien, die den Menschen in all seiner Kreatürlichkeit zeigen, zu finden) darauf hinweisen könnte, dass nicht nur musikalisch, sondern auch visuell-konzeptionell nun weniger drastisch agiert wird. (M.G.)

 Label: Malignant Records