Wie wohl kaum ein anderes Genre ist Black Metal in den vergangenen Jahren Gegenstand zahlreicher akademischer Publikationen geworden und hat sich zu etwas entwickelt, das mit dem Präfix „Post“ versehen, seltsame Hybride hervorgebracht hat, die teils naheligende (Noise, etwa Sutekh Hexen oder Gnaw Their Tongues), teils (wenn auch nur auf den ersten Blick) weniger passende Genres (Bluegrass, siehe Panopticon) miteinander verknüpft haben. Satan und Corpsepaint sind schon lange keine unverzichtbaren Elemente mehr, aber inzwischen ist es noch nicht einmal mehr nötig, eine Gitarre einzusetzen (The Botanist). Manche Vertreter wenden sich allerdings ganz anderer Musik zu, einige temporär (wie Wolves In the Throne Rooms mit ihrem dieses Jahr veröffentlichten Vangelisopus „Celestite“), andere aber ganz, wie Scott Conner, der jahrelang unter dem nom de guerre Malefic als Xasthur auf acht Spuren gebannte, shoegazeartige, verwaschene Gitarrenwände mit unmenschlichsten Schreien verband. Vielleicht war der Höhepunkt das auf Hydra Head veröffentlichte Album „Subliminal Genocide“. Das darauf enthaltene „Prison of Mirrors“ zeigte Conner von seiner stärksten Seite. Danach wurde mit mehr oder weniger großem Erfolg versucht, die Klangpalette zu erweitern: Einsatz von echtem (ziemlich holprigem) Schlagzeug auf „Defective Epitath“, ein anderer Sänger bei „All Reflections Drained“, schließlich der Einsatz von ätherischen Backing Vocals von Marissa Nadler auf dem Schwanengesaang „Portal of Sorrow“. Die posthum erschienene Zusammenstellung „Nightmares at Dawn“ enthielt Stücke, die sich an Death Metal und Punk versuchten.
All das waren vielleicht Hinweise auf eine gewisse Ermüdung und Desillusionierung und schließlich gründete Conner das (nach dem ersten Xasthur-Album benannte) Projekt Nocturnal Poisoning, bei dem schon das Debütalbum „Other Worlds of the Mind “ deutlich machte, dass Conner die Arbeit von Musikern wie James Blackshaw oder Ben Chasny sicher sehr schätzte. War das Debüt rein instrumental gehalten, kam beim Nachfolger „A Misleading Reality“ Gesang hinzu. Das (eine mögliche Genrebezeichnung im Titel tragende) dritte Album „Doomgrass“ erscheint nun erstmals nicht in Eigenregie, sondern über das Label The End Records und knüpft nahtlos an die beiden Vorgängeralben an. Auf der Hälfte der Stücke singt der schon an „A Misleading Reality“ beteiligte Robert N, der mit getragener, leidender Stimme Conners -diesmal im Innern abgedruckten- Texte vorträgt, die eine etwas unausgegorene Mischung aus spätpubertärem Weltschmerz und Sozialkritik sind: „I know we don’t like what’s been going down/Another struggle/Another shakedown/What has crumbled is what has taken shape/Gotta find our mind as an escape/It’s all you have left“. Wie schon an anderer Stelle bemerkt, ist eine zentrale Schwäche, dass Conner die kompositorische und technische Brillanz, die die Musiker besitzen, die zumindest partiell (als Inspiration) Pate standen, einfach nicht hat, was der vorletzte, ziemlich repetetive Track „Running out of highways“ mehr als deutlich macht. Dennoch: Es gibt Stücke, die durchaus atmosphärisch dicht sind (z.B. “Prisoners of their own needs”, aus dem oben zititerte Zeilen stamen)- und letztlich ging es auch schon bei Xasthur primär darum. (M.G.)
Label: The End Records