DREAM WEAPON RITUAL: Ebb and Flow

Simon Balestrazzi mag seinen verschiedenen Projekten nach T.A.C. in etwa den gleichen Status beimessen und sie alle als gleichwertige Stationen seiner musikalischen Suche verstehen – letztlich ist Dream Weapon Ritual jedoch die Band, die am ehesten das Erbe der legendären „Tomografia“ angetreten hat. Zum einen ist Monica Serra wieder mit von der Partie, die während ihrer Zeit bei T.A.C. eine zweite Karriere als Schauspielerin begonnen hatte. An Mikro und Kaoss Pad ergänzt sie Simons düstere Soundscapes in einer Art, die alte Symbiosen aufleben lässt. Zum anderen ähnelt der Ritualismus der neuen Aufnahmen den frühen Arbeiten, lässt Archaisches in künstlich arrangierten Kompositionen zum Leben erwachen, auch wenn die Musik heute spontaner und fließender anmutet.

Auf den ersten Eindruck könnte man „Ebb & Flow“, das in Zusammenarbeit mit einer Handvoll Gäste vom Schlage eines Donato Epiro entstanden ist, als reines Dronewerk missverstehen, und es wäre dann nicht einmal ein schlechtes, würde sich der zu Beginn ausgebreitete Sound in seiner gleitenden und zugleich kratzigen Art durch das ganze Album ziehen. Allein die subtile Rhythmik, die sakral wirkenden Stimmsimulationen und die ansteigende Fülle des Materials lassen bereits in wenigen Minuten eine spannungsgeladene, „Okkultes“ erahnende Stimmung aufleben. Monicas echte Stimme jedoch, die zunächst im Flüsterton beginnt und in geheimnisvolles Murmeln übergeht, nimmt bald einen derart großen Raum ein, dass man sich eher in einem avantgardistischen Hörspiel wähnt. Die intime Note, die sie dem ganzen verleiht, dankt sich vor allem dem Eindruck, die Stimme direkt am Ohr zu vernehmen, wodurch man noch die kleinsten Regungen von Lippen und Zunge zu hören scheint.

In manchen Stücken tritt der Hörspielcharakter noch deutlicher zutage. Beim zweiten der lediglich numerierten Tracks lassen bedrohlich näherkommende Schritte, gehauchtes Flüstern und ein ultrasmoothes Blasinstrument ein zerfleddertes filmisches Setpiece entstehen, im folgenden Abschnitt steigern (simulierte?) Tiergeräusche und allerlei Stampfen und Rattern das Chaos, das nur durch den fließenden Charakter des musikalischen Rahmens eingehegt wird. Rau, filigran und zugleich von organischer Qualität ist „Ebb & Flow“ ein gehaltvolles Album, das Gegenläufiges wie selbstverständlich miteinander harmonieren lässt. So ausbalanciert wie Ebbe und Flut.

Label: Boring Machines