Wenn man bedenkt, dass Postrock -wie die Vorsilbe impliziert- (auch) eine Überwindung des als schematisch empfundenen Rock war, ist dessen Halbwertszeit nicht ganz so lang gewesen, führte (natürlich unweigerlich) zu Ermüdungserscheinungen, wie so immer, wenn Genres von der Peripherie ins Zentrum rücken und drängen.
Marc Jacobs, in den Niederlanden geboren und in Brüssel ansässig, bedient sich auf seinem Debüt sicherlich einiger Mittel des Postrock, reichert diese aber mit einer Reihe anderer Elemente an, um allzugroßer Vorhersehhbarkeit zu entgehen. Jacobs situiert sein Album durch Bandnamen, den einen oder anderen Track- und den Albumtitel (der Cormac McCarthys Roman „Blood Meridian“ entlehnt ist) auf den nordamerikaischen Kontinent – auf der Labelseite spricht man von dem Album als „southern gothic western“. Vielleicht ist es da gar nicht so unpassend, dass Marc Jacobs auf seiner Facebookseite jüngst einen Clip aus Carnival of Souls gepostet hat. Dennoch ist „Like A Pack Of Hounds“ nicht durchgängig düster und unheilschwanger, changiert vielmehr zwischen Momenten (vermeintlicher) Ruhe und Harmonie und (latenter) Bedrohung. Ist der Opener „End Of“ mit seinen Beats, verzerrten Pasagen und im Hintergrund kaum lokalisierbaren Stimmen tatsächlich unheimlich, irritierend, so lässt „Looking Back My Sweet“ auf der Basis von melodischen und flächigen Harmoniumdrones eine Landschaft entstehen, der eine dezente Melancholie innezuwohnen scheint, die aber jenseits allzu süßlicher und gefälliger Klänge ist, denn immer wieder brechen kurz verzerrte Passagen hinein. „Hell & Fix“ knüpft stimmungsmäßig daran an: Melodische Flächen, dezentes Fingerpicking, Passagen, die kurz vor der Eruption stehen. „Vereronica Or Die“ (einer von sechs Bonustracks, die ursprünglich als EP unter dem Titel „I’m So In Love I Almost Forgot I Survived A Disaster“ 2013 veröffentlicht wurden) ist eine Spacerocknummer, auf „Elle See“ hört man Lucille Calamel im Hintergrund Texte rezitieren, bevor sich die Gitarren verdichten. Stimmungsmäßig ist das gar nicht so weit von den späteren Earth entfernt. Einer der Höhepunkte des Albums ist „California“, ein reduzierter, langsam anschwellender, düster dräuender Drone – als Namensgebung diente hier offensichtlich nicht die Eigenschaft des amerikanischen Staates als so genannter „golden state“, sondern wohl eher als (Ver)Ort(ung) einer Bedrohung, die auf 11 Minuten ausgelotet wird. Der kleine Bruder dieses Monstertracks ist „A Demon Will Hurt You“. Jacobs schafft es, auf Albumlänge spannend und unvorhersehbar zu klingen. Das ist schon eine ganze Menge. (M.G.)
Label: Shitkatapult